Ich betrete das „Hi Patagonia“ Hostel in Puerto Madryn und fühle mich sofort, das erste Mal seit ich in Argentinien bin, zuhause. Der Hostelpapa ist super nett und gibt mir eine Menge Tipps für Ausflüge und Aktivitäten im Umkreis. So toll und interessant sich das alles anhört, so teuer ist das alles leider auch. Man merkt schnell, dass Puerto Madryn eine absolute Touristenhochburg ist. Ich freunde mich schon am ersten Abend mit Luca und Isaac, den beiden jungen, freien Mitarbeitern des Hostels an und Luca und ich beschließen am nächsten Tag, über Weihnachten zusammen unseren Tauchschein hier zu machen. Ich buche mich für eine komplette Woche ins Hostel ein (ich habe sehr viel Glück, denn das Hostel ist über Weihnachten fast ausgebucht), fange mit Luca zusammen den Tauchkurs an und freue mich jetzt schon darauf Weihnachten mit den Jungs hier zu verbringen.
Der Tauchlehrer ist ein absolutes Original; super nett, aber ein ganz schöner Freak. Tauchen im Pool ist ihm zu langweilig, daher fangen wir ohne Trockenübungen mit der gesamten Ausrüstung einfach direkt im Meer an. Auf drei Meter runter, Maske aus und wieder an, Mundstück austauschen, Luft abdrehen und das Mundstück des jeweils anderen abwechselnd, benutzen, das ist ein Teil der Basics unserer ersten Stunde(!) im Meer. Luca taucht beim Ausziehen der Maske zwei mal aus Panik auf und kommt auch danach nur sehr schwer damit zurecht. Er hat Probleme mit dem Druckausgleich auf seinem rechten Ohr.
Am nächsten Tag bin ich leider alleine im Tauchkurs, Luca hat Ohrenschmerzen. Nur einen Tag später bricht mein Tauchkumpan den Kurs frühzeitig ab. Ich bin ein wenig geknickt meinen einzigen Tauchpartner zu verlieren. Luca ist ein verdammt lieber Kerl und es ist einfach schön jemanden dabei zu haben den man mag und der gerade genau dasselbe auch alles zum ersten Mal mit einem zusammen durchmacht. Auf der anderen Seite habe ich von nun an quasi meinen privaten Tauchlehrer…
Die Tage in Puerto Madryn vergehen wie im Fluge. An Weihnachten machen wir mit allen Gästen des Hostels einen typisch argentinischen Asado- (Grill-) Abend. Nach wahnsinnig gutem Essen und dem ein und anderen Bier geht es mit allen Hostelgästen zusammen raus auf die Straße, Raketen abschießen und mit den Nachbarn tanzen und feiern. Weihnachten wird in Argentinien gefeiert, wie bei uns Silvester. Alles ist auf der Straße, laute Musik aus jedem Haus, jeder lädt einen zu Getränken und Tapas ein und ständig werden irgendwo Feuerwerk und Böller abgeschossen. Nach dem Vorglühen mit den Nachbarn des Hostels geht es für Luca, Isaac und mich weiter ins „La Frontera“, einen der größten Clubs von Puerto Madryn. Der Abend wird, wie ein typischer Silvesterabend, sehr, sehr lang.
Kurz nach Weihnachten wird das Hostel von Deutschen, bzw. Berlinern überflutet. In meinem Zimmer mit sechs Betten, sind seit heute fünf davon von Berlinern belegt. Einer davon ist Linus, der allerdings schon zwei Tage später wieder weiter nach Ushuaia fahren will. Auch neu hinzugekommen ist ein Ehepaar aus Slowenien. Die beiden sind seit über einem Jahr unterwegs und machen eine Weltreise auf Motorrädern. Sie planen mindestens noch ein weiteres Jahr für die gesamte Tour. Ich ärgere mich ein mal mehr, dass ich nicht den Mut hatte, mir in Buenos Aires ein Motorrad zu kaufen und damit dieses wunderbare Land zu bereisen. Aber wer weiss wofür es gut ist, wie meine Mutter immer zu sagen pflegt.
Die nächsten Tage sind mit Tauchen, Weihnachten feiern (mit einer Band im Hostel) und Ausflügen (ich sage nur Pinguine zum streicheln und Schnorcheln mit wilden Seehunden) so zugepackt, dass ich nicht einmal mitbekomme, wie schnell die Woche vergeht.
Aufgrund des ganzen „Freizeitstresses“ vergesse ich glatt, weitere Nächte im Hostel zu buchen und muss leider am Ende der Woche noch in ein anderes Hostel am anderen Ende der Stadt umziehen. Die beiden Unterkünfte könnten unterschiedlicher nicht sein. Wo das Hi Patagonia mit seinen circa 40 Betten klein und gemütlich war, fühlt sich mein neues Hostel mit seinen mindestens 150 Betten wie eine Legebatterie an.
Trotzdem finde ich auch dort schnell Anschluss und lerne am ersten Abend Andrea und Teresa, zwei Österreicherinnen kennen, die mir von ihrem Plan erzählen Silvester, den letzten Tag des Jahres, in Ushuaia, der südlichsten Stadt der Welt zu verbringen. Schon wieder jemand, der in Kürze nach Ushuaia aufbricht… Die Idee gefällt mir immer besser und ich fange an nach Flügen zu suchen. Vermutlich exakt einen Tag zu spät, denn sowohl am 28., als auch am 29. und am 30. bekomme ich keinen einzigen Flug mehr mit andes, die günstigste, inner-argentinische Gesellschaft, die die beiden mir empfohlen haben.
Das einzig bezahlbare, dass ich finden kann und meine wohl einzige Chance ebenfalls noch zu Silvester zum fin del mundo (Ende der Welt) zu gelangen ist eine Busfahrt. Eine Busfahrt von 1750(!) Kilometern. 36 Stunden lang, mit einem Buswechsel auf zwei Dritteln der Strecke, in Rio Gallegos. Ich beschließe es zu riskieren, könnte ich doch so immerhin Silvester mit netten, bekannten Gesichtern feiern und hey, Ende des Jahres am Ende der Welt klingt einfach super.
Trotz meines Schlafplatzes im anderen Hostel, verbringe ich die Tage immer noch hauptsächlich bei Luca und Isaac im Hi Patagonia. Auch, weil die Tauchschule von dort nur circa 250 Meter entfernt liegt. Am letzten Tag vor meiner Mammut-Busreise, feiert Luca seinen Geburtstag. Es gibt Bier und Kuchen am Strand und Luca und ich gönnen uns am Nachmittag noch eine ordentliche Portion Empanadas. Diese Spezialität hatte ich noch gar nicht erwähnt:
Empanadas sind gefüllte Daumen-, bis Handflächen-große Teigtaschen. Das Innenleben besteht häufig aus gehacktem Rindfleisch, oder Schinken, aber es gibt auch sehr leckere vegetarische Varianten mit Gouda, Spinat und Ziegenkäse, oder Tomaten und Pilzen. Mate und Empanadas sind definitiv für mich der „Geschmack von Argentinien“.
Kurz vor Ende meiner Zeit in Puerto Madryn beschließe ich, mir noch einmal via azimo Geld zu senden. Warum nun online? Ich habe es in einem anderen Beitrag schon einmal erwähnt:
Das System ist sehr einfach, da man sich quasi einfach selbst Geld überweist und dieses dann im Ausland vor Ort abholen kann. Warum nicht einfach bei einer Bank tauschen? Weil der Wechselkurs von AZIMO sehr oft deutlich besser ist, als der aktuelle Wechselkurs im Land. Beispiel: Auf der Bank hätte ich 8,2:1 gehabt, also 8,2 argentinische Dollar für meinen Euro bekommen. Hier hatte ich nun 12,5. Das sind bei 1000€ insgesamt 4000 argentinische Dollar mehr. Also quasi mehr Geld für mein Geld. Ich kann nur jedem empfehlen sich dort anzumelden.
Als ich das erste Mal an dem Office ankomme, an dem mein Geld ausgezahlt werden soll, ist dieses jedoch leider noch nicht eingetroffen.
Aufgrund des winzigen unauffälligen Büros mit verspiegelten Scheiben an den Schaltern, so dass man die dort arbeitenden nicht sehen kann, frage ich mich, ob es wohl so eine gute Idee war auf dieses System zu vertrauen, was einem auf legalem Wege mehr Geld für sein Geld verspricht. Am Ende geht aber doch alles gut und ich kann, nach einigen E-Mails und Nachfragen, mein Geld doch noch abholen, bevor ich mich zum Ende der Welt aufmache. Am letzten Tag sitze ich auf meinem Rucksack im Hostel und warte auf meinen Bus, da werde ich plötzlich von einer kleinen chinesischen Familie, die am Tisch neben mir sitzen zum Essen eingeladen. Niemand aus der Familie spricht auch nur ein Wort englisch, oder spanisch, aber es scheint ihnen völlig selbstverständlich zu sein mich einzuladen. Die selbst gekochte Suppe schmeckt hervorragend und die Hausfrau strahlt mich an, als sie sieht, dass es mir offensichtlich schmeckt. Das sind Begegnungen, die einem nur das Reisen schenkt und die mir immer wieder zeigen, was für herzliche, offene und hilfsbereite Menschen es überall auf der Welt gibt.
Mit einem warmen Suppenbauch mache ich es mir im Bus gemütlich und bin gespannt, was und wer mich am Ende des Jahres, am Ende der Welt so alles erwartet.
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