Hallo ihr Lieben da draußen
Ich hab zwar hier kein „oe“ und kein „ue“ und kein „ae“ und auch kein scharfes „aess“, aber ich versuche trotzdem mal, meine bisherigen Erlebnisse in Worte (und Bilder und Videos) zu fassen (erwaehnte ich, dass das y und das z vertauscht sind? Also falls da mal komische Woerter vorkommen sollten, einfach ignorieren…
Ich bin mittlerweile In Estella angekommen, und habe nun fast 6 Tage Camino de Santiago hinter mir. Meine Achillessehnen tun schweine-weh, und in meinem rechten Knie straeubt sich vehement eine Sehne dagegen, die 12 Kilo Rucksack zu akzeptieren… Wie auch immer, ich halte durch, HUHA!
Aber beginnen wir Vorne, bei Tag Null.
Warum null, wird sich nun mancher Fragen, nun, ganz einfach:
Ich zaehle die Tage der Reise, erst ab dem Beginn des Caminos. Also faellt mein Aufenthalt in Paris noch nicht mit in die Zaehlung. Nichtsdestotrotz moechte ich euch natuerlich meinen Tag in Paris nicht vorenthalten, denn der war ganz schoen abenteuerlich….
Also….
Tag 0:
Mein Wecker schlaegt um viertel vor 6 Alarm. Aufstehen, schnell duschen, Zaehne putzen, anziehen, alles noch einmal kontrollieren, ein letztes Mal Mails checken, Strom aus machen und ab zum Flughafen. Es regnet und ist kalt… zum Glueck fliege ich gen Sueden.
Als ich so mit meinem grossen Rucksack auf dem Boden am Flughafen vor den Terminals sitze (da keine Sitzplaetze mehr frei waren), kommt ploetzlich ein kleiner, blonder Junge von knapp 6 Jahren auf mich zu und spricht mich direkt an:
„Sag mal, hast du kein Zuhause?“
Ich war so baff, dass ich erstmal gar nicht antworten konnte…
Noch bevor ich aus dem erstaunten Grinsen wieder rauskomme plappert der Junge schon munter weiter: „Ich hab ein Zuhause. Und das hier (er haelt eine kleine Plastikfigur in den noch kleineren Fingerchen) hab ich Zuhause auch als Lego!“
Daraufhin wendet er sich wieder ab und laesst mich verbluefft und breit grinsend auf dem Boden zuerueck… Was war das denn bitte gerade? 🙂
Circa eineinhalb Stunden spaeter in Paris, sicher gelandet und bei strahlendem Sonnenschein und tollen 22 Grad, klettere ich munter und froehlich mit dem schweren Rucksack die Stufen des Eifelturmes hinauf (wenn schon, denn schon!). Dummerweise habe ich beim hochlaufen vergessen die Stufen zu zaehlen, was mir aber leider erst auf der ersten Plattform einfaellt…. na super… mir graust es jetzt schon davor alles NOCHMAL latschen zu duerfen, denn ich will einfach wissen wie viele es sind.
Aber erstmal weiter hinauf…. Zweiter Stock…. Und dann… Hey… es gibt keine Treppe mehr! Was fuer ein Bloedsinn… Nun gut, dann fahre ich das letzte Geschoss eben mit dem Aufzug. Noch waehrend ich das denke und schon im Aufzug stehe geht mir durch den Kopf, dass ich das, was das Ding gerade noch faehrt, tatsaechlich garnicht haette laufen wollen…
Oben angekommen werden erstmal schnell ein Paar Fotos von Paris gemacht…
Die Aussicht ist wirklich grandios und laesst sich anhand von Bildern nur schwer beschreiben. Wer sich Paris anschaut (und das ist wirklich den ein und auch anderen Blick wert!), der sollte die 9,50€ wirklich investieren (sofern das Wetter mitspielt) und einen Blick von diesem architektonischen Meisterwerk wagen!
Noch schnell ein Paar Beweisfotos geschossen, das ich wirklich hoechstpersoenlich auf dem Eifelturm war und es geht an den Abstieg… So, nun aber mitzaehlen. Ich habe alle Treppen (auch die im dritten Geschoss) mitgezaehlt, die man laufen kann und ich gelaufen bin). Ganz unten kam ich auf genau 751. Also bin ich insgesamt heute 1502 Treppenstufen gelaufen. Wow… Super Uebung fuer die Pyrenaeenueberquerung (kann man das so ueberhaupt lesen…?).
Danach bin ich gute 7km quer durch Paris gelaufen. Auf meinen ersten Paar hundert Metern am Ufer der Seine entlang, fand jemand vor mir auf der Strasse einen goldenen Ring. Als er ihn anprobierte, passte er allerdings nicht um den Finger des Finders und so schenkte er ihn kurzerhand mir… „Oh hey, wow!“, dachte ich und nahm strahlend den Ring entgegen. Die Reise faengt ja mal richtig klasse an!
An der naechsten Ampel wartend sprach mich der Finder des Ringes ploetzlich noch einmal an und fragte mich, ob ich nicht ein paar Cent fuer einen Kaffee uebrig haette. Just in diesem Moment, sah ich auf der anderen Strassenseite einen anderen Mann, vor einem anderen Touristen, einen goldenen Ring aufheben…. Nun ja, was soll ich sagen. Ich hab den Ring einfach wieder auf den Boden geworfen und bin ueber die Ampel gegangen, den laut hinter mir herfluchenden Gehilfsfrodo hinter mir lassend…
Kommen wir zurueck zu meiner Odyssee durch Paris… 7km, nur um in mein „geplantes“ Hostel zu kommen, in dem es dann natuerlich was hiess? Klar, ausgebucht. Super!
30min spaeter und 2 U-Bahnstationen weiter (ja, ich habe dann doch die U-Bahn genommen…), stand ich immer noch in Paris… zumindest was den Namen der Stadt angeht. Ich persoenlich wuerde es das Neukoelln von Paris nennen. War jemand schon mal in Berlin Neukoelln? Nun, lasst es mich so beschreiben: Der Anteil von emigrierten Mitbuergern ist in Neukoelln nicht gerade niedrig. So auch in dem Viertel in Paris in dem ich mich gerade befand. Ich hatte fast das Gefuehl ausschliesslich von Afro-Amerikanern umgeben zu sein…
Das Hostel in dem ich nun enden sollte (nach weitern 50 Minuten Suche), war just das genaue Gegenteil von dem, welches ich urspruenglich besuchen wollte… heruntergekommen, die Kuechenzeile bis 23 Uhr ohne Strom, fuer diese Verhaeltnisse viel zu teuer und sehr weit weg vom Flughafen Charles de Gaulle.
Aufgrund just dieser Tatsache klingelte mein Wecker morgens auch schon um die sagenhafte Uhrzeit: 4:10Uhr.
Ich fuhr mit dem Taxi zum Nachtbus, da laufen sehr viel zu weit gewesen waere und stieg ein… Was ich jetzt erleben sollte spottet jeder Beschreibung… Wer bisher dachte, die Italiener haetten einen krassen Fahrstil, sollte niemals in einen Nachtbus in Paris steigen… Ich sass direkt hinter dem Fahrer und hatte so manches mal beim nach vorne schauen (was ich auch nach der Haelfte der Fahrt einfach nicht mehr tat), einen zweiten Fuss mit auf der imaginaeren Bremse vor mir. Zu allem Ueberfluss hoerte der Busfahrer einen tuerkischen Radiosender und lauschte ganz entspannt waehrend er mit knapp 50 Sachen in einen Kreisverkehr fuhr, dem jallernden Muezin beim Morgengebet (welches uebrigens kurz nach dem Start der Fahrt, nach einem tuerkischen Song ansetzte und bis zum Flughafen andauerte). Dieses Zusammenspiel der totalen Uebermuedung meinerseits, dem Fahrstil des Nachtbusfuehrers und dem unwirklichen halb gesungenen Morgengebet war SO skurril, das ich einfach schon wieder grinsen musste.
Wer noch nie auf dem Flughafen CDG in Paris war, dem sei gesagt: Das Ding ist WIRKLICH gross! Nachdem ich an meinem Terminal (2, Abschnitt G) aus meinem Bus ausstieg und zu meinem Abschnitt (B) laufen musste, wurde mir das Ausmass dieses gigantischen Teils erst bewusst, denn ich lief geschlagene 18 Minuten um von G nach B zu kommen. Hier sei angemerkt der Flughafen verfuegt ueber 3(!) Terminals. Ach ja… und G war nicht das hoechste! Von Paris ging es nun in aller Hergottsfruehe nach Biarritz, an die Kueste von Frankreich. Das der Flug sich um 40 Minuten, aufgrund von Towerproblemen verspaetete, habe ich nicht mal mitbekommen, da ich, kaum im Flugzeug sitzend eingeschlafen bin und erst puenktlich zum Landeanflug wieder aufwachte. Timing. In Biarritz hatte ich keine Lust auf den Bus zu warten, also ging ich die 6,5km zu Fuss nach Bayonne…. hatte ich in Paris ja schon geuebt (wenn auch nicht nach Bayonne..).
Mein Zug nach Saint Jean de Port, der Ort in dem ich meinen Jakobsweg starten wollte, kam puenktlich und war… nun… klein. An Schlafen war in diesem Zug nicht zu denken, denn vor und nach jedem Tunnel, vor jedem beschrankten und auch unbeschrankten Bahnuebergang (und hier sei angemerkt, jeder Eingang zu einer Kuhwiese hatte einen eigenen Bahnuebergang (ohne Witz!)), und auch, wenn der Lokfuehrer einfach nur irgendwelche Leute am Strassenrand begruessen wollte, klingelte die Bimmelbahn lautstark eines ihrer gefuehlt 65 verschiedenen (aber allesamt viel zu lauten) Signale.
Nun ja, in Saint Jean ging es dann nur noch kurz ins Pilgerbuero den Pilgerpass und die Herberge fuer die Nacht organisieren. Dann bin ich ganz brav frueh schlafen gegangen, denn am naechsten Morgen um 6 Uhr nach dem Fruehstueck soll es ja losgehen…. auf meinen Jakobsweg.
Ich koennte ja jetzt noch die erste Woche bis jetzt beschreiben, aber ich denke, dann wird dieser Eintrag viel zu lang… Seid gespannt was ich in meiner ersten Woche so alles erlebt habe und schaut bald mal wieder rein, ich halte Euch auf dem „Laufenden“ Muuahahaha (Vorsicht Wortwitz!).
Aus Spanien vom Camino de Santiago
Euer Sören
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