Mar del Plata, mein erster wirklicher Stop weg von Buenos Aires. Die Stadt ist tatsächlich größer als erwartet und ich erfahre an der Touristeninfo am Busbahnhof welchen Bus ich nehmen muss, um an den Ort in der Stadt zu kommen, an dem auch mein Hostel ist. Der Bus kommt, für argentinische Verhältnisse schon mal nicht selbstverständlich, aber nicht nur das: Er kommt sogar pünktlich, für argentinische Verhältnisse schon äußerst ungewöhnlich, bis gruselig. Aber zum Glück haben wir unterwegs eine Panne und wir müssen alle aussteigen und den auf den nächsten, schon ohne uns völlig überfüllten Bus zu nehmen. Danke Argentinien, es ist doch immer wieder Verlass auf dich und das meine ich tatsächlich absolut nicht sarkastisch, sondern mit einem mittlerweile argentinisch gechillten Lächeln dabei im Gesicht.
Ich komme zwar verschwitzt, aber gesund und immerhin noch am selben Tag an und die Beschreibung der Touristenführerin am Schalter stellte sich ebenfalls als Wahrheit heraus, denn mein Hostel ist tatsächlich nur 100 Meter vom Busstop entfernt.
Mein Erkundungsspaziergang führt mich an die (wunderschöne) Promenade des Küstenferienortes. Ich schlendere in den Sonnenuntergang, denke mir noch: In diesen Sonnenuntergang will ich in den kommenden Tagen einmal am Strand, wie in einer typisch amerikanischen Komödien-Schmonzette, hinein-joggen.
Am nächsten Tag gehe ich an den Strand. Ich liege circa eine Stunde in der Sonne, unterbrochen vom Baden im Meer (scheiße, ist das noch kalt), als plötzlich alle Leute um mich herum nacheinander anfangen im Takt in die Hände zu klatschen. Ich halte Ausschau nach einem Wettkampf, oder Ähnlichem, aber das einzig Ungewöhnliche, dass ich sehe, ist ein Mann, der ein Kind auf seinen Schultern tragend, am Strand entlang geht. Das Klatschen dient dazu, dass alles auf die beiden am Strand aufmerksam wird und das Kind auf den Schultern von seinen Eltern wiedergefunden wird, da es sich verlaufen hat. Ich bin nicht das erste Mal erstaunt und berührt von dem Einfallsreichtum und der Herzlichkeit der Menschen hier. Eine klasse Idee, an der sich so manche Spanier, Franzosen und andere teilnehmende, südliche EU-Länder mal ein Beispiel nehmen können. Wer hat als Kind nicht mal seine Eltern verloren und weiss, wie sich das anfühlt…
Abends habe ich auf den 10 Quadratzentimetern auf meinem Rücken, die meine Hände exakt nicht erreichen können, einen ordentlichen Sonnenbrand. Memo an mich: Entweder nicht alleine an den Strand gehen, oder die Eier in der Hose haben und jemanden (vorzugsweise eine hübsche weibliche Person) fragen, ob sie einem kurz behilflich sein könnte. Und nein, das ist kein Sexismus, sondern purer Eigennutz.
Abends mache ich tatsächlich meinen gestern geplanten Jogging-Trip am Strand in den Sonnenuntergang hinein und es ist genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte, nur anstrengender.
Ich suche im Hostel via Tripadvisor nach alternativen Bars und Clubs und werde auf einen Club namens „Nevermind“ aufmerksam, der in der Beschreibung sehr nach meinem Geschmack klingt. Allerdings beachte ich dabei nicht die Öffnungszeit und stehe eine halbe Stunde später vor einem, leider noch vor geschlossenen Türen. Ich will schon wieder gehen, als mir von der anderen Straßenseite auf spanisch zugerufen wird, der Club hätte noch zu, sie würden auch warten, aber sie haben eine Gitarre und Sangria ausm Tetrapack. Spontan wird mir der Club direkt noch sympathischer. Es dauert natürlich nicht lange, bis ich, Hasenscheisse spielend mit im Kreis sitze und nach jedem Refrain der nackten Elfe, den die komplette Gruppe aus circa 10 Punks/Metalheads/Gothics laut mitgrölt, das Tetrapack gereicht bekomme und den Song zum trinken unterbrechen muss.
Der Abend geht im Club bei KoRn, System of a Down & Co feuchtfröhlich, moschend und grölend weiter. Einige Stunden später lerne ich zwei bezaubernde, geschiedene Damen kennen, von denen die eine mich irgendwann einfach spontan anfängt zu küssen, allerdings einige Minuten später kurz auf die Toilette verschwindet. Just in dem Moment als sich die Toilettentür hinter ihr schließt und ich mich zu ihrer Freundin herum drehe, klebt plötzlich deren Mund auf dem meinem… Ich überlege gerade den Club unter meine Top Ten einzuordnen, als ihre Freundin von der Toilette zurückkommt und sich beide, genau so plötzlich wie das alles passiert ist, von mir verabschieden. Schade. Aber neben den interessanten Einblicken körperlicherseits, ging dem ganzen auch ein sehr interessantes Gespräch mit beiden voraus, in dem ich erfahren habe, dass es leider sehr normal ist, mit Mitte/Ende zwanzig das erste Mal geschieden zu sein, da in Südamerika oft bereits sehr früh, mit 18/19 geheiratet wird.
Am nächsten Abend lerne ich eine sehr lustige, bunt gewürfelte Gruppe aus Schweizern, Argentiniern und Deutschen an der Strandpromenade kennen, mit denen ich spontan ein weiteres Mal ins Nachtleben von Mardel (wie die Einwohner ihren Ort nennen) eintauche. Dieses Mal finde ich mich, nach zwei verschiedenen Clubs 10 Stunden später mit einem Mate in der Hand zum Sonnenaufgang am Strand wieder. Well, that escalated quick.
Eigentlich schade, dass ich heute schon weiter muss, aber ich will hier auch nicht bis Weihnachten stecken bleiben, wenn der Ort dann explodiert und man am Strand keinen Quadratzentimeter Platz mehr findet.
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