Ich weiss, der letzte Blog war erst gestern, aber die heutige Geschichte will ich euch auf jeden Fall nicht vorenthalten…
Nachdem ich gestern geschlagene 32km an einer Schnellstrasse entlangmarschiert bin *kotz-nerv* bin ich frustriert und mit kaum etwas im Magen ausser etwas Brot (es hatte kein Supermarkt offen) um 22 Uhr ins Bett gegangen. Um 0:30Uhr wachte ich das erste Mal auf, geweckt von einem unglaublich penetranten Schnarcher, der mir gegenueber schlief und den ich trotz guter Ear-Plugs noch gut hoeren konnte… na super. 30 Minuten und 4 „Shut up“s meinerseits spaeter, schlief ich endlich wieder ein. Nur um gegen 3 Uhr erneut von ihm geweckt zu werden (diesmal reichten 2 laute „Shhhhht“s). Um 5:15Uhr Ortszeit dann erneut… da hatte ich die Schnauze voll… Ich zog mir meine Stirnlampe an (kann ich nur jedem empfehlen der so ein Abenteuer einmal machen will, die Teile sind Gold wert) und zog los. Zweieinhalb Stunden durch stockdunkle Nacht… Etwas gruselig wars ja schon, aber irgendwie auch toll. Der Weg fuehrte endlich von der Autostrasse weg in leisere Gefilde. Nach einem Bauernhof zu meiner linken, war ich dann endlich wieder im ruhigen Niemandsland und um diese Uhrzeit auch noch vollkommen allein…
Was sich nun ereignete ist WIRKLICH SO PASSIERT!
Ich stapfte einen leichten Huegel hinauf (die Sonne faerbte den Horizont hinter mir ganz langsam roetlich), da sah ich ca. 200m vor mir ein Licht. Als ich naeher kam stellte es sich als Kerze heraus. Diese Stand auf einem kleiner selbstgezimmerter Holzwagen, der direkt neben einer alten Barracke (eingestuerztes Dach, Loecher in den Waenden, ueberall bemalt) stand. Ich dachte „Oh schoen, ein Stempel zum selbst in den Pass druecken“ und steuerte den kleinen Wagen an und staunte nicht schlecht, als dieser ueber und ueber mit Essen und Trinken vollgestopft war. Alles Bio-Ware… Kekse, Bio-Butter, sehr leckere Pflaumen, Birnen, Aepfel, kleine Broetchen, 3 verschiedene Marmeladen, Agarvensirup (natuerlich Bio), 13(!!) verschiedene Teesorten, mehrere Isokannen voll mit heissem Wasser und Kaffee, Bio-Apfelsaft, etc pp…
An der Seite war dann ein kleines Buch, der Stempel zum selbst einstempeln und eine kleine Dose fuer „Donativos“ (Spenden). Als ich gerade eben meine Hand ausstreckte, oeffnete sich das doppelte Eisentor der Barracke und ein Mann, mitte dreissig mit langen Haaren und Pyjama, raekelte sich ausgiebig. Ich sah verdutzt auf und meinem Gesicht war die Totalentgleisung wohl anzusehen, als ich ins innere der Baracke schaute, denn er lachte und gruesste mich und fragte woher ich denn komme. Das innere der Baracke ist schnell beschrieben: Es bestand aus einem rundum angebrachten weissen Plastik (der den einzigen noch halbwegs intakten Bereich abschirmte) und einem Sofa. Kein Fussboden, keine Kueche, kein Tisch, kein Bett, nichts!
Ich fruehstuckte etwas, warf meine Donativo ein und er fing an zu erzehlen, dass er sich vor einem Jahr hier eingenistet habe und es ihm hier sehr gut gehe. Kein Strom, kein warmes Wasser, aber daran wuerde man sich gewoehnen… Als er meine Gitarre sah, fragte er mich ob ich Musik mache. Ich bejahte, immer noch etwas verwundert, und spielte ihm „Sonnenstrahl“ von Schandmaul vor, denn die Sonne ging gerade auf und auch ansonsten passte das Lied recht gut zu ihm wie ich fand…
Er erzaehlte mir, dass er seine Passion in dieser kleinen Hütte und der Tatsache Pilger gleucklich zu machen, gefunden habe. Er lebt dafuer, den Pilgern diesen „Service“ wie er es nennt zu bieten. Er hat herausgefunden, dass genau das ihn gleucklich macht…
In diesem Moment ging uebrigens die Sonne vollends auf.
Ich fruehstueckte zuende und machte mir dabei Gedanken ueber das Leben. Als ich beim packen der Gitarre noch einmal ins innere der Baracke blickte, bedankte ich mich, umarmte den (ja, man mag es kaum glauben, sehr gepflegten) Mann und wuenschte ihm alles Gute. Da fiel mir ein Zettel ein, den ich seit Silvester mit mir herum trage. Ich hatte zu Silvester einen Spruch in meinem Glueckskeks der lautete: „Deine Liebe und Hilfsbereitschaft, bringt dir viel Symphatie ein“. Ich dachte es waere an der Zeit, diesen Zettel weiterzureichen und so uebergab ich ihm dem herzlichen „Aussteiger“.
Er wuenschte mir einen „Buen Camino“ (Guten Weg/Gute Reise) und ich ging meines Weges.
Keine 100 Meter wieder auf dem Weg, fing ich so breit an zu grinsen, dass mir die Traenen in die Augen stiegen… was bitte war das denn gerade…? That’s the camino.
Ausserdem habe ich heute meinen Rekord gebrochen und bei 400 Hoehenmetern satte 42(!!) Kilometer zurueckgelegt.
Na dann… Morgen wird der zwethoechste Berg des Caminos Frances bestiegen und ein Stein ans Cruz del Ferro gelegt…
Bis die Tage
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