Wir legen das letzte Mal in unserem derzeitigen Heimathafen Mallorca an. Das letzte Mal alte Gäste verabschieden und neue einchecken. Ich habe die erste Schicht, ab 6.30Uhr morgens erwischt. Aber hey, egal. Direkt nach getaner Arbeit nehme ich den Shuttle-Bus nach Palma-City, denn meine Kreuzfahrt wird ein mal mehr zu einer Kreuz-Fahrt. Ich habe mich kurzfristig mit Danny verabredet, einem sehr lieben Kollegen aus dem Mittelalterbereich. Danny ist sicherlich dem ein oder anderen Mittelaltermarkt-Gänger noch als Sänger bei der Formation Spielleut Cantoris bekannt. Kennen gelernt haben wir uns 2006, als wir auf Luthers Hochzeit, dem Mittelalter Festival der Lutherstadt Wittenberg, die Bühne miteinander geteilt haben. Lustigerweise hatten wir zwar immer mal wieder sporadisch Kontakt, sind uns seitdem aber nicht wieder persönlich begegnet.
Wir quatschen über Dannys neues Projekt Barlhow (Hochzeitsmusiker), über das Ende von Das Niveau, über mein Soloprojekt, über Kollegen, über Veranstalter, aber auch über Beziehungen, Familie, Philosophisches, Gott und die Welt. Kurzum: Der Nachmittag mit Danny und seiner Freundin, die gerade eigentlich auf der komplett anderen Seite der Insel Urlaub machen, vergeht wie im Fluge.
Zurück am Schiff erfahre ich, dass der Flieger unserer Kollegen, die neuen Sänger und Schauspieler die in sechs Tagen all unsere Shows übernehmen, Verspätung hat und sich das Treffen mit der neuen Cast nach hinten verschiebt. Das eröffnet mir ein schönes Zeitfenster um noch das letzte Mal an Bord trainieren zu gehen.
Wir lernen „die Neuen“ beim für uns letzten Pax-Drill, der Seenotrettungsübung für die Passagiere kennen. Das sind also die Leute, die in ein paar Tagen nun unsere Shows, unsere Rollen und unsere Kabinen übernehmen werden. Schon ein komischer Gedanke.
Da Karolina, meine Schauspiel-Kollegin, schon vier Tage vor uns anderen absteigt, da sie kurzfristig für eine ausgefallene Kollegin auf einem anderen Schiff einspringt, werden die Shows so geplant, dass wir das Krimidinner schon in den ersten drei Tagen der neuen Reise spielen, da die neue Cast dieses Stück, aufgrund der Länge erst als letztes übernehmen wird.
Ein letztes Mal „Wunderland“, ein letztes Mal „Magie des Musicals“, ein letztes Mal „Krimidinner“. Wow, irgendwie ging die Zeit jetzt zum Schluss hin doch sehr schnell vorbei.
Wir dürfen heute zum zweiten Male, dank des grandios netten Kochs, nach dem Krimidinner das Essens, das die Gäste während des Dinners serviert bekommen, selbst probieren. Inklusive dem Schokoladenkuchen mit flüssigem Innenteil an Tonkabohneneis. Uhhhhh…
Nur eine Woche bevor ich absteige, bekomme auch ich von Monika, meiner Ansprechpartnerin in Berlin, eine E-Mail, in der ich gefragt werde, ob ich mir vorstellen könnte direkt nach meinem Vertrag, ohne Pause, auf einem anderen Schiff einzuspringen und bis Weihnachten weiter zu spielen. Ich denke zwei Tage lang wirklich intensiv darauf herum. Hätte ich auf demselben Schiff, bei meinen lieben Tänzern und Akrobaten (die ja noch zwei Monate länger an Bord sind) bleiben können, oder wäre das andere Schiff ebenfalls in die Karibik, oder gar nach Asien gefahren, hätte ich wohl zugesagt. Aber es ging um die arabischen Emirate und ich hätte ein Ritteressen, für das ich fest gebucht wurde absagen müssen. Außerdem hätte ich erneut für vier komplett neue Stücke, sowie eine Weihnachtsshow Text lernen und proben müssen und das war mir nach der anfänglich sehr stressigen Zeit an Bord, dann doch ein wenig zu viel des Guten.
In Alicante gehen wir das letzte Mal zusammen an den Strand, lassen uns das letzte Mal die südliche Sonne auf den Pelz scheinen, spielen das letzte Mal Frisbee und ich übe das letzte Mal mit Anna Akrobatik im Sand. Scheiß Handstand! Irgendwann…
Den letzten Seetag verbringe ich mit Packen und dem Putzen meiner Kabine. Abends lege ich dann zur letzten Rock&Metal Party in der Crew-Bar auf und wir gehen alle zusammen noch mal so richtig schön zu System of a Down, Linkin Park, Slipknot, Disturbed und Co ab.
Den letzten Overnight in Lissabon bekommen wir, aufgrund der vielen organisatorischen Dinge wie Kabinenabnahme, dem Zurückgeben der Uniform, Rückgabe von Requisiten und Make-Up, etc., kaum noch richtig mit. Abends gehen wir in Lissabon noch ein letztes Mal zusammen essen. Danach noch das letzte Mal Bier in der Crewbar trinken und dann ein letztes Mal in die Kabine und ins Bett auf See.
Ich schlafe unruhig und wenig in dieser Nacht. Wäre ich doch besser mit den Sängern und Tänzern noch weiter gezogen und zusammen feiern gegangen. Dann hätte ich zwar ebenso wenig geschlafen, aber die Zeit zumindest sinnvoll genutzt.
Beim Auschecken und dem letzten Koffer-Check der Security, fehlen drei unserer Sänger, die natürlich gestern Abend bei der Partynacht noch mit dabei waren. Nach einem Anruf auf der Kabine kommen alle mit knallroten Augen und sichtlich fertig angeschlurft. Hui, vielleicht doch ganz gut, dass ich mich letzte Nacht lieber herumgewälzt habe, als noch mal mit feiern zu gehen…
Am Flughafen teilt man mir mit, dass meine Gitarre von TUI leider nicht angemeldet wurde. Zum Glück habe ich einen sehr netten Mitarbeiter am Schalter erwischt. Ob ich die Gitarre lieber aufgeben, oder lieber als Handgepäck mit ins Flugzeug nehmen will, werde ich gefragt. Da ich aus Platzgründen meinen Gitarrenkoffer Zuhause gelassen und nur eine nicht wirklich schützende (und völlig zerfledderte) Stofftasche um meine Gitarre herum habe, nehme ich das Handgepäck-Angebot mehr als dankbar an. Weiss ich noch zu gut aus Afrika, was mit einer, nur mit Softbag geschütztzer Gitarre im Gepäckraum passieren kann.
Die zwei Stunden bis mein Flug zurück nach Deutschland geht, setze ich mich in eines der Restaurants im Flughafen, trinke mir einen O-Saft, esse einen Salat und schreibe die letzten Zeilen dieses Blogs.
Ob ich noch mal als Schauspieler auf ein Schiff gehe? Ganz bestimmt! Vermutlich sogar schon im nächsten Jahr. Jetzt aber erst mal zurück nach Deutschland, die nächste Reise steht ja schon vor der Haustüre und wartet darauf gestartet zu werden.
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