Gefahrene Kilometer: 228 – Onguma Bush Camp bis Etosha Safari Lodge

 

Die Nacht war klar, kühl und ohne Gewitter. Der Morgen ist einfach nur herrlich. Kaum zu glauben, dass wir in drei Tagen schon bei Minus 10 Grad und Schneegestöber aufstehen werden. Heute geht es ein letztes Mal selbst auf die Pirsch. Morgen fahren wir zwar auch noch einmal auf Safari, allerdings werden wir dort gefahren, da der morgige Park nicht selbst befahren werden darf. Eines der wichtigsten Schutzgebiete für bedrohte Leo- und Geparden, die Farm Okonjima, ein Schutzgebiet der AfriCat Organisation.
Wir klappen die Dachzelte zusammen und fahren erst einmal zur nahen Lodge frühstücken. Herrlich so ein Frühstück auf einer offenen Terrasse, geschützt vor der sengenden Sonne, direkt über einem kühlen Wasserloch. Da tunken sich die Croissants doch wie von selbst in die Marmelade.

 

Der Etosha Nationalpark ist atemberaubend schön. Schon am Eingangstor, sehen wir auf einer Wiese direkt neben der Zahlstelle, ein paar Dutzend der süßen Zebramangusten. Als Alea sich allerdings zu nah an eines der putzigen Tierchen heranwagt um es zu streicheln, wird er sofort vom Rangerteam der Rezeption zurück gerufen und verwarnt. Vermutlich besser so, denn die kleinen hinterlistigen Biester können ganz schön fest zubeissen und sind, auch wenn sie nicht aussehen, nicht ungefährlich. 

Man weiss überhaupt nicht wo man zuerst hinschauen soll. Gisi erzählt uns über Funk, dass er in den gesamten letzten sechs Jahren Afrika-fahren, die Etosha Salzpfanne noch nie so grün erlebt hat. Tatsächlich glaubt man zur Zeit hier eher, man sei irgendwo in Mecklemburg-Vorpommern aufzuhalten, als in einer Savanne in Afrika. Es sollte aber noch kurioser werden. Von jetzt auf gleich fahren wir mitten durch ein Meer von kleinen, gelb blühenden Pflanzen.
Wenn man nicht alle Paar Meter Giraffen und Zebras sehen würde, könnte man glatt meinen, man befindet sich in in einem deutschen Rapsfeld. Absolut irre.
Schon auf den ersten Paar hundert Metern sehen wir dutzende Giraffen, teilweise sehr nah an der Straße. Der Park wimmelt nur so vor Tieren. Impalas, Springböcke, Oryxe, Elands, Giraffen, Zebras, Marabous, Paviane – nur Elefanten sehen wir heute keine.
Kein Wunder, da zur Zeit wirklich überall in der Etosha verteilt, kleinere und größere Wasserlöcher bis zum Anschlag gefüllt sind. Die Elefanten müssen also nicht an bestimmte Wasserlöcher um ihren Durst zu stillen, sondern können sich gerade überall im Park bedienen und bleiben daher lieber außerhalb der Sichtweite.

Auch die Wege sind teilweise komplett überflutet. Es macht wieder eine Mords-Laune durch die Riesenpfützen zu brettern und die Autos noch mal so richtig schön einzusauen. In einem unachtsamen Moment allerdings, als wir gerade nach einem gesichteten Tier Ausschau halten, prescht der gute Tom an uns vorbei und macht endlich seine Drohung von vor drei Tagen wahr.
Meine Hand zuckt zwar noch zum Fensterheber, aber ich bin zu langsam. Die abgestandene Salzbrühe verteilt sich quer durch unser Auto, über uns, unsere Klamotten auf der Rückbank und spritzt bis an die Fahrzeugdecke. Uääää! Das bedeutet Krieg!
Wir legen mitten auf dem Weg eine kurze Pause ein und geniessen den Blick über die Etosha. Der Platz ist für ein kleines Picknick wie geschaffen, hier kann sich garantiert kein größeres Tier unbemerkt nähern. Wir sind komplett von Wasser umgeben, inmitten einer eigentlich trockenen Salzpfanne, ein irrer Anblick! Da dieser Anblick einfach nicht zu beschreiben ist, hier das leider letzte 360° Panorama-Foto:

 

Gisi bemerkt am Horizont einen dunklen Fleck am Himmel und zieht sein Fernglas zu Rate. Geier. Wir sind neugierig, steigen wieder in die Karren und fahren in Richtung der kreisenden Aasfresser. Mitten auf dem Weg halten wir an. Die Geier sind direkt rechts von uns, keine 100 Meter entfernt. Die Sichtung toppt alles, was wir bisher an Tieren hier in Afrika erlebt haben. Doch es geht nicht um die Geier an sich, sondern natürlich um das, was sich darunter befindet:

 

Ein komplettes Löwenrudel, mit mehr als zehn Tieren, macht sich direkt vor unseren Augen, über einen gerade gerissenen Springbock her. Die Wächter-Löwin behält die Umgebung, samt Geier und uns, genauestens im Auge, stuft uns aber nach einiger Überlegung (glücklicherweise) als ungefährlich ein, und verscheucht lieber die etwas zu nah gekommenen, frechen Marabus.
Das Schmatzen, Knacken und Reißen des Fleisches, ist bis zu unseren Autos hörbar. Was für eine Soundkulisse! Da stellen sich einem sämtliche Haare auf. Ich bin ganz froh, dass man es nur gerade eben so hören kann. Trotzdem, gute 60 Meter trennen uns von den Tieren und man kann sich ausmalen, wie die Geräusche 50 Meter näher klingen würden…
Wir beobachten die schaurig schöne Szenerie fast eine Stunde lang. Kleine Machtkämpfe zwischen den Löwen, die tobenden Jungtiere, das Auseinandernehmen der Beute. Ein unglaublicher  Anblick. Selbst Gisi, der in sechs Jahren Afrika mittlerweile so einiges gesehen hat, ist sprachlos. Ein so großes Löwenrudel kurz nach einem Riss beobachten zu können, war ihm bisher auch noch nicht vergönnt.

 

Nach diesem Erlebnis legen wir an einer der nahen Nationalpark-Lodges einen kurzen Stop ein und kühlen uns im definitiv größten Pool der Reise erst einmal richtig schön ab. Herrlich im Urlaub!
Im kühlen Pool und der sonnigen Terrasse, finden Sunny und ich auch endlich einen ruhigen Augenblick, um uns zu entschuldigen, uns auszusprechen und diesen doofen Streit von gestern aus der Welt zu räumen. Ein Kuss und alles ist wieder gut. Ist ja auch doof, sich in so einem schönen Land, so anzublaffen und dann tot zu schweigen.
Es folgt ein Mittags-Burger und schon gehts weiter auf die Pirsch und Richtung Onguma Lodge, unserem heutigen Nachtrevier. Bis zur Abenddämmerung um 19 Uhr, sind wir noch quer durch den wunderschönen, blühenden Etosha-Nationalpark gefahren.

 

Bei all den Tiermassen, die wir heute zu Gesicht bekommen haben: Es bleibt zum Schluss bei exakt einem einzigen Elefanten. Na ja, wir wollen uns nicht beschweren, wir haben ja mittlerweile nun wirklich genug Elefanten gesehen.
Die Lodge ist tatsächlich mal etwas anderes. Keine schicke offene Terrasse im Lounge Stil, sondern als einzelne, als Wellblech- und Lehmhütten aufgemachte Räume innerhalb des Raumes. In Wände eingebaute Autotüren, riesige auf rostigen Fahrrädern sitzende Plüschbären, ein Flur mit hunderten von Schildern… strange, aber cool.

Nach dem wirklich leckeren Abendessen-Buffet, gibt es draußen auf der Terrasse noch eine Liveband. Drei Männer, drei Gitarren. Nach anfänglichen Schüchternheiten (am Anfang sitzt einer der drei noch an einem kleinen Keyboard), drehen die Jungs so richtig auf, und nehmen sofort alle mit. Die Stimmung ist super! Man sieht einfach, wie viel Spaß die drei bei ihren Songs haben. Es geht sogar so weit, dass einige Gäste (darunter natürlich auch einige von uns) aufstehen und tanzen.

Ich gehe an die Bar und traue meinen Augen nicht. Es gibt Weizenbier! Echtes, in Windhoek gebrautes Weißbier. Der Hammer! Das muss ich probieren! Es kommt natürlich nicht an ein echtes bayrisches heran, aber es ist unverkennbar Weizen. Und das mitten in Afrika…

Sunny und ich kapseln uns kurz darauf ab und legen uns auf eine der vielen Pool-Liegen, oberhalb der Terrasse. Der Sternenhimmel ist wieder einmal unschlagbar schön. Auch wenn das jetzt vielleicht kitschig klingen mag, ich könnte wirklich Stunden damit verbringen dort hinauf ins unendliche „Nichts“ zu glotzen. Nie zuvor habe ich so genau die Milchstraße gesehen und auch nie zuvor so viele Sterne auf einmal.
Morgen ist der letzte “richtige” Tag hier in Afrika. Übermorgen Abend werden wir schon wieder im Flieger gen Heimat sitzen. Ja, ich freue mich auf Deutschland, auf meine Freunde, meine Wohnung, mein Berlin. Das einzige was mich stört ist, dass ich dafür hier weg muss…

 


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