Der heutige Morgen ist, dank des tollen Hostels, deutlich erträglicher als der gestrige. Marco, der Brasilianer, mit dem ich die letzten paar Tage quer durch Patagonien getrampt bin, wird heute gen Norden nach Buenos Aires weiterfahren. Ich hingegen fahre gen Westen, nach El Calafate. Zum Abschied gönnen wir uns noch ein richtig schön ausgiebiges Frühstück zusammen. Herrlich im Urlaub. Wir sind sehr entspannt, denn von hier aus haben wir uns beide – nach Tagen an der Straße und in fremden Autos – Busverbindungen zu unseren nächsten Destinationen heraus gesucht.
Ich genieße diesen Luxus und weiss ihn gleichzeitig nach dem Trampen viel mehr zu schätzen. Ich mache es mir auf meinem Liegeplatz bequem, ziehe die Schuhe aus, lege die Füße hoch und öffne mir ein Dosenbier, als ich direkt vor meiner Nase, das in Augenhöhe angebrachte Schild lese, welches exakt diese drei Sachen verbietet. Noch bevor der Bus überhaupt losgefahren ist, habe ich schon alles falsch gemacht. Ich Gringo. Aber hey, ich könnte immer noch behaupten kein Englisch zu können… Was nicht erklärt, warum ich die Piktogramme nicht verstehe… Ach egal, denke ich mir, grinse und gönne mir einen großzügigen Schluck meines Bie…. äh.. meiner Limo mit seltsamen Etikett. Manchmal muss man eben auch mal gepflegt den Assi in sich pflegen.
Kaum gehen die Türen des Busses zu und der Motor an, schräbbelt mir von schräg oben dröhnend laute Cumbia-Musik ins Ohr. Gleichzeitig bläst mir die auf gefühlt Minus 10 Grad gedrehte Klimaanlage ihre Eisluft ins Gesicht. Großartig. Vielleicht hätte ich doch beim Trampen bleiben sollen…

Zum Glück habe ich bisher genug Busfahrten in diesem Land hinter mir um für solch eine Situation perfekt gewappnet zu sein. Ich stopfe mir meine Kopfhörer tief in die Ohren und klebe die Klima-Schlitze mit Gaffa Tape zu. Gaffa-Tape ist wie die Macht. Es hat eine helle und eine dunkle Seite und hält das Universum zusammen. Spaß beiseite, wenn ich euch eine Sache für einen Trip durch Südamerika raten kann, dann das: Kauft euch Gaffa-Tape, ihr werdet es nicht bereuen. Natürlich kann man damit auch super mal schnell seinen Rucksack, oder die Regenjacke unterwegs flicken, aber der Hauptgrund dafür sind die Busse. Die Langstrecken Busse waren wohl jahrelang top gepflegt, da sie vom Staat betrieben und natürlich ordentlich für die Touristen subventioniert wurden. Um Geld zu sparen, hat man allerdings vor circa 4 Jahren diese Busse an private Unternehmer verkauft. Logisch, dass diese ebenfalls sparen wollen wo es nur geht und die Busse vermutlich seit exakt vier Jahren keinerlei Inspektionen, oder gar Reparaturen gesehen haben. Versteht mich nicht falsch, viele der Busse sind trotzdem noch in einem guten Zustand, aber einigen merkt man diese Entwicklung doch sehr deutlich an. Und vermutlich wird das in den kommenden Jahren eher schlimmer als besser.

Nach knappen 5 Stunden komme ich in El Calafate an. Mein Fazit der letzten Tage:
Trampen, vor allem hier unten im tiefen Süden von Südamerika ist eine Geld sparende und tolle Alternative zu den Bussen. Wenn man Zeit hat und ein wenig Geduld mitbringt, kann man hier auf dem Weg tolle Leute kennenlernen, die einem viel über ihr Land erzählen können. Ich bin auf jeden Fall stolz über meinen Schatten gesprungen zu sein und endlich den Mut gehabt zu haben das Trampen auszuprobieren. Ich werde auf meiner weiteren Reise sicherlich noch des Öfteren lieber den Daumen raus halten, als eine Fahrkarte zu lösen.

In El Calafate treffe ich mich ein mal mehr mit Andrea und Teresa, den Österreicherinnen aus Puerto Madryn. Die beiden sind nicht weit von mir entfernt, in einem Hostel, welches ich weder in meinem Reiseführer, noch im Internet finden konnte. Kein Wunder, erzählen mir die beiden als ich dort ankomme, denn das Hostel existiert offiziell gar nicht. Der Besitzer will sich lediglich ein paar Dollar zu seiner kargen Rente hinzuverdienen und betreibt deshalb seine eigene kleine, ziemlich illegale Hospidaje.

Ich erzähle den beiden von meinem Plan einen Abstecher in den wunderschönen Torres del Paine Nationalpark zum wandern zu machen. Teresa mag weder wandern noch Kälte und ist wenig angetan. Andrea aber erzählt, dass sie den Park in ihrem Reiseführer ebenfalls fett markiert hat und sich schon seit Ushuaia überlegt, den Park notfalls auch allein zu besuchen. Da man die Miet-Ausrüstung zu zweit viel besser aufteilen kann (Kochgeschirr, Gaskocher, Zelt, etc.) und es geteilt auch sehr viel günstiger ist, beschließen wir kurzerhand uns für die nächsten vier bis sieben Tage einfach zusammenzutun und den Park zusammen zu besuchen.

Ich freue mich riesig. Endlich mal wirklich ein paar Tage hintereinander wandern, draußen schlafen (auch wenn es sau kalt ist) und einfach nur diese unbeschreibliche Natur Patagoniens genießen.

 


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