Ich war so platt von gestern, dass Boris mich nicht einmal zum Frühstück aus dem Bett bekommen hat. Viel hat das allerdings nicht gebracht, denn der heutige Tag ist wieder mit Aktivitäten vollgepackt. Nur 15 Minuten nach dem Frühstück erreichen wir schon die Erste: Die Sung Sot Höhle, was übersetzt so viel wie Höhle der Überraschung bedeutet.
Die Legende besagt, dass diese Höhle einst von einem Fischer entdeckt wurde, der Schutz vor einem Sturm suchte. Er war überrascht über die Größe der Höhle, deshalb der Name. Version zwei, die uns Tuán, unser Guide erzählt ist die, dass er im inneren einen Fels fand, der wie der Finger einer Hand auf eine Stelle in der Decke deutete. Die dritte und letzte Version ist die, dass er erst eine Hand erkannte, doch als er näher hinschaute ein anderes männliches Körperteil in der Felsformation entdeckte.
Was nun die größte Überraschung war, und weshalb die Höhle letztlich ihren Namen bekam bleibt wohl für immer ungeklärt.
Leider habe ich von der „Überraschung“ an sich kein Foto gemacht, aber immerhin ist es mit auf dem Video.
Nach der Höhle wechselten wir unser Boot, und wurden auf ein sehr viel kleineres und nicht annähernd so luxuriöses Tagesboot gebracht. Die zwei Kanadier blieben auf unserem Boot und wurden fuhren zurück zum Hafen, da sie nur einen Zweitagestrip in der Ha Long Bucht gebucht hatten.
Kaum auf dem anderen Boot und fünf Minuten unterwegs stellte ich fest, dass ich dummerweise meine Videokamera auf dem anderen Boot vergessen habe. Tuán telefonierte sofort, und die Kamera wurde schon gefunden und für mich zur Seite gelegt. Puh! Das heisst aber leider auch, dass es von diesem Tag keine einzige Videoaufnahme für das YouTube Video gibt. Nun ja, zumindest nicht mit der guten Kamera, mit dem Handy habe ich trotzdem das Wichtigste mitgenommen.
Nach der Verabschiedung des Paares und des Bootswechsels ging es weiter auf einen abgelegenen Teil der Zielinsel für heute Abend, Cat Ba, für eine kleine Fahrradtour.
Die Fahrräder… nun ja, sagen wir mal so, es hätte schlimmer kommen können. Es gab genau zwei „Mountainbikes“, die Boris und ich bekamen. Bei mir ging (zum Teil) die Schaltung, dafür die Bremsen nicht, bei Boris war es genau umgekehrt. In der Theorie hatte er 17 Gänge, in der Praxis genau einen. Na ja, dafür konnte er immerhin bremsen. Aber wie auch immer, wir haben hier schon Schlimmeres überlebt, also rauf auf die Bikes und ab dafür.
Es ging ungefähr sieben Kilometer ins Insel-innere, zu einem kleinen Dorf. Die Häuser hier scheinen relativ modern, eher Stadt- denn Landhäuser. Das Dorf an sich ist nicht großartig sehenswert, dafür aber die Insel um so mehr. Der Weg führt zuerst an einer kleinen Bucht entlang, bevor er plötzlich einen steilen, kleinen Hügel hinauf geht und uns durch den tropischen Wald der Insel bis zu den Reisfeldern der Dorfbewohner bringt. Herrlich ruhig hier, Natur pur.
Zurück an Bord gibt es erst einmal Mittagessen. Es werden wieder diverse, endlos scheinende Gänge aufgetischt. Habe ich eigentlich erwähnt, dass das Essen auf dem Boot fantastisch ist?
Kaum das man uns das Dessert reicht, legen wir auch schon wieder an einer kleinen Holzfloßinsel an. Es soll mit den Kanus zu einem kleinen, abgelegenen Strand gehen. Doch, oh weh, es gibt nur ein einziges Kanu. Also erst einmal auf die anderen Kanus warten. Nach einer Dreiviertelstunde sind endlich genug Kanus organisiert und es kann los gehen. Der Strand ist nur circa 2,5 Kilometer weit weg. Abgelegen, voller Muscheln, direkt am türkisfarbenen Meer, mitten in der Ha-Long-Bucht, mitten im Nirgendwo.
Nichts wie raus aus dem Boot, rein ins Meer und treiben lassen. Herrlich im Urlaub!
Nach einem herrlichen Meer- und Sonnenbad am einsamen Strand geht es zurück zum Boot und direkt weiter nach Cat Ba, der Nationalpark-Insel mitten in der Ha Long Bucht.
Diese Nacht ist für uns ein Hotel auf der Insel gebucht, unser Boot ist nämlich derweil schon wieder mit anderen Touristen unterwegs. Das Hotel entpuppt sich als recht hässliches Hochhaus direkt am Strand. Aber alle Balkone gehen hinaus in die Bucht und wir haben eine fantastische Sicht auf den Sonnenuntergang.
Nach dem Abendessen mit dem australischen Lehrer-Ehepaar (die australischen Rentnerinnen hatten ein anderes (ungleich teurer aussehendes) Hotel gebucht und blieben für weitere zwei Tage auf Cat Ba), gehen Boris und ich noch einmal in den Ort um einen Sundowner in irgendeiner netten Bar zu geniessen und uns ein bißchen Cat Ba Town anzusehen.
Der Ort ist komplett anders, als wir es bisher von Hanoi gewohnt sind. Wenig Verkehr, etwas verschlafen und überall nur Touristen. Wir sehen eine kleine Online-Spiel-Internet-Café-Bude und ich komme auf die grandiose Idee mit Boris um unseren Sundowner zu zocken. Wir entscheiden uns für eine Runde Fifa. Wer verliert muss sowohl die Drinks, als auch die PCs bezahlen. Gesagt getan, wir starten Fifa online und………. Ähm, ja…….. Das gesamte Menü ist natürlich auf Vietnamesisch. Nicht nur, dass ich mit Fifa an sich schon recht wenig anfangen kann, es ist wohl eine Mischung aus Management und Fußball Simulation, die Menüs sind deutlich vielfältiger und verwirrender, als die des normalen Fifas. Aber wie wir schon gelernt haben: Der hilfloser-Tourist-Blick zieht immer. Kaum sitzen wir völlig überfordert vor dem Bildschirm, kommt von hinten ein circa zehnjähriger Junge, loggt uns in irgendeinen Account ein, erstellt uns ein Spiel, wählt die Mannschaften aus die wir ihm sagen, nämlich Italien für meinen kleinen italienischen Reisekumpanen, und natürlich Deutschlands Nationalmannschaft für mich.
Eine halbe Stunde später sitzen wir in einer kleinen Bar am Meer und… nun… die deutsche Nationalmannschaft zahlt… Was soll ich sagen? wäre mein Eigentor nicht gewesen….
Wir schlürfen gedankenverloren unsere Bierchen, als uns plötzlich ein Engländer anspricht. David, der männliche Part des weltreisenden Pärchens aus dem Zug von Sa Pa nach Hanoi. Was für ein Zufall! Wir quatschen ein bisschen und stellen fest, dass wir die nächsten paar Tage so ziemlich die gleichen Reiseziele haben. Wir haben sogar morgen Abend denselben Zug von Hanoi nach Hue gebucht. Da werden wir uns ja noch öfter sehen in den nächsten Tagen. Schon lustig und ein wenig wie auf dem Jakobsweg hier. Da trifft man auch alle naselang dieselben Leute. Aber nun ja, Vietnam ist ja auch nicht gerade breit und wenn man eben von Nord nach Süd unterwegs landet man zwangsläufig unterwegs in denselben Städten.
Für uns bleibt es bei dem einen Bier, denn Boris und ich sind beide noch zu Skype-Gesprächen nach Hause verabredet. Morgen geht es mit dem Boot zurück aufs Festland und Abends, nach einem kurzen Stop in Hanoi, direkt weiter ins 700 Kilometer entfernte Hue, nach Zentral-Vietnam.
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