Gefahrene Kilometer: 64 – Chobe Nationalpark

 

Warum brach der erste Afrika-Bericht nach Tag 25 ab? Und warum kommen die letzten Afrika-Berichte nun erst ein ganzes Jahr später?
Ein kurzer Shit-Happens-Exkurs:

Es passierte an Tag 34. Just der Tag, an dem ich mit meiner Beifahrerin eine kleine Meinungsverschiedenheit hatte und eh schon gereizt war. Das kleine Netbook, welches ich mir von Gisi geliehen habe um den Blog zu schreiben, stürzt ab. Nun gut, das ist schon des Öfteren passiert. Allerdings hat es ihn an diesem Tag so gründlich zerlegt, dass das Programm mit dem ich den Blog schrieb, nicht mehr in der Lage war die gespeicherten und(!) zwischengespeicherten Daten wiederherzustellen. Tag 26-32 waren mitsamt platzierten Fotos und über 12 Seiten Text und Tag 33 und 34 in Stichpunkten notiert. Alles weg! Ich hätte beinahe Gisis Netbook mitsamt Netzteil an die Wand geschmissen, aber mehr dazu an Tag 34.
Ich hatte keine Lust, mir die letzten drei Tage Urlaub durch Dauertippen zu versauen. Und erst einmal zu Hause, hatte ich dann keine Muße mehr. Deshalb kommt der letzte Teil des Berichtes erst jetzt. Es ist zwar mittlerweile alles ganz schön weit weg, aber a) habe ich das Tagebuch von Gisi als Anhaltspunkt und b) kann ich anhand meiner geschossenen Fotos sehr gut die letzten Tage rekonstruieren. Außerdem ist es schön in Gedanken wieder voll und ganz in Afrika zu sein und jeden Tag genau ein Jahr später noch einmal Revue passieren zu lassen. 

Tag 26 – 2.2.2012

Die Gewitter in der Nacht sind wieder mal heftig, dennoch schlafe ich sehr gut. Ich glaube man gewöhnt sich an alles. Leider hat General Gisi den Befehl zum ultra frühen Abmarsch erteilt. So werden wir alle mit dem glockenhellen Klang von Toms Kochtopf (danke Tom) um fünf Uhr, also quasi mitten in der Nacht geweckt.
Sunny, Alea und ich müssen noch das fettige Geschirr vom Vorabend abwaschen. So fängt ein guter Urlaubstag an!
Mit unseren Kopflampen und bewaffnet mit Spüli und Bürste machen wir uns ans Werk. Jeder muss ja mal abspülen, aber warum wir ausgerechnet heute?!
Innerhalb von 30 Minuten ist alles erledigt und wir schwingen uns in die Toyotas. Heute geht es zu einem der ganz großen Höhepunkte im Afrika Trip 2012: In den Chobe Nationalpark. Bekannt für seine außerordentlichen Tiermassen und der höchsten Sichtungsdichte. Wir sind gespannt.

 

Auf der Piste stellen nun alle das fest, was wir gestern Abend schon gesehen haben: Auf der Autobahn gibt es hundert Mal mehr Elefanten als auf der von uns gewählten Hunters Road.
Zwei Stunden später, am Haupttor des Parks angekommen, gehen Margot (Geld), Horis (Betörung) und ich (Dolmetscher), ins Büro um den Eintritt zu verhandeln. Während Margot noch in der kleinen Schlange wartet, fällt mir ein großes Poster des Parks zu meiner linken auf. Sämtliche Wege sind farblich markiert und mit Uhrzeiten versehen. Ich schaue auf die Legende und traue meinen Augen kaum. Es ist zeitlich geregelt, wann die Elite-Touristen in ihren Safari-Legebatterien und die Individualtouristen mit ihren eigenen Autos die Routen befahren dürfen. Und zwar gültig seit, tadaa, gestern. Na super! Was das heisst ist schnell aus der Karte ersichtlich: Die Individualtouristen (wir) werden mal wieder benachteiligt und dürfen zu den besten Zeiten nur in die abgelegenen und uninteressanten Winkel des Parks fahren. Die Erlaubnis an den Fluss heran zu fahren, also in das Tier-reichste Gebiet des Parks, gilt erst ab der Mittagshitze, also dann wann es die Tiere genau von dort wieder weg treibt. Was für ein Beschiss!

 

Wir bezahlen also den Eintritt (vermutlich genau so viel wie die Edeltouristen, die allerdings dem Land durch ihre mehrere hunderte Euro teuren Übernachtungskosten wesentlich mehr Geld in die Kasse spülen) und stecken kurz die Köpfe zusammen. Gisbert Hiller, der nicht gerade für seine zurückhaltende Art bekannt ist, passt diese Situation natürlich gar nicht. Gisi befiehlt: Erst mal fahren. Wir stellen uns also dumm und fahren einer nach dem anderen durchs Haupttor in den Park. Leider sind wir erst bei Wagen drei von sieben, als uns einer der Beamten den Weg versperrt. Wir funken nach vorn. Kommando zurück. Also doch erst mal die 15 Kilometer Teerstraße um den Park herum.
Doch schon der erste Kilometer der Teerpiste lohnt sich. Rechts auf dem Hang, kurz vor Gisis Karre, steht eine Tüpfelhyäne und bleckt die Zähne. Wir sind etwas weiter hinten und sehen leider nur noch das Hinterteil des imposanten Tieres im Dickicht verschwinden.

 

Einen weiteren Kilometer später geht die erste Straße in den Nationalpark hinein. Eine der für uns zur jetzigen Zeit selbstverständlich verbotenen Routen. Gisi biegt ab und alle folgen, ohne Kommentar. Mehr als rausschmeißen kann man uns schließlich nicht, aber dafür müssen sie uns erst einmal finden.

 

An der Riverfront angekommen können wir nun links ins erlaubte, langweilige Gebiet abbiegen, oder rechts, gegen die Fahrtrichtung, auf den interessanten, aber uns um diese Uhrzeit verbotenen Pfad. Welchen Weg wir wählen, brauche ich wohl nicht mehr zu erwähnen… Schon nach den ersten paar hundert Metern wird klar, warum dieser Teil des Parks zur jetzigen Tageszeit so beliebt ist. Wir fahren mitten durch eine Pavianhorde.

 

Hunderte Tiere mit ihren Babys sitzen, stehen, liegen, rennen, klettern, oder hängen rum und glotzen uns links und rechts des Weges neugierig nach. Kurz darauf erblicken wir die ersten Flusspferde, Krokodile, große und kleine Wildvögel, weitere Paviane, Impalas und Springböcke. Immer wieder wird unsere idyllische Ruhe und unser genialer Ausblick von schimpfenden und uns böse anguckenden Safari-Wagen-Fahrern unterbrochen, die wir allesamt freundlich zurück grüßen und geflissentlich ignorieren.

 

Nach circa einer Stunde aufregender und sichtungsreicher Safari, kommen wir an einen der Stop-Points, die einzigen Plätze an denen man aus dem Auto aussteigen darf, bzw. die Plätze, an denen auch die Touristen-Legebatterien Pause machen.

Wir klappen die Heckklappen unserer Allrader herunter und gönnen uns erst einmal ein ausgiebiges Frühstück, mit bester Sicht auf badende Elefanten. Während wir so dastehen und genüsslich unsere Brote mampfen, sichte ich, nur circa fünfzig Meter von uns entfernt einen gut eineinhalb  Meter großen Waran. Es hat schon ein bisschen was von Uhrzeit-Feeling, wie die riesige Echse behäbig über den Sand trottet. Wie ein kleiner überlebender Dinosaurier.

 

Unser Timing ist mal wieder allererste Güte, haben wir doch gerade zusammengepackt und unsere Autos bestiegen, als der nächste Touri-Wagen heran rollt. Der Fahrer sieht ziemlich mürrisch aus und ruft uns einige Sachen zu, die wir erneut mit freundlichen Grüßen und Zurück-Winken erwidern. Ich sehe nur noch, wie der Guide zu seinem Funkgerät greift und aufgeregt hinein spricht. Na, da wird uns doch wohl niemand verpetzen…?

Wir fahren ein Stück weiter den Pfad entlang, als links ein (gesperrter) Weg, noch weiter hinunter an den Fluss führt. Selbstverständlich schlagen wir genau diesen ein. Eine weitere halbe Stunde und viele, viele Tiere später, führt der Weg in einer kleinen Schleife wieder auf den ursprünglichen zurück und wir halten an um uns zu beraten. Dieses Mal ist unser Timing weniger gut, denn genau als wir mitten im Park (und nicht an einem der ausgewiesenen Haltebuchten) herumstehen und den weiteren Verlauf planen, kommt der nächste Safari Wagen angerollt.
Der Fahrer bleibt stehen, steht auf und brüllt unverständliches Zeug in unsere Richtung, bevor er das Funkgerät nimmt und (vermutlich) über uns berichtet.
Ich verstehe nicht, warum der gute Mann so aufgebracht ist. Wir fahren doch nur in falscher Richtung, auf einer gesperrten Straße in einem Gebiet, in dem wir uns um diese Zeit gar nicht aufhalten dürften, und stehen außerhalb unserer Fahrzeuge dort, wo man die Autos nicht verlassen darf… Oh…

Nach kurzer Absprache ist klar: Wir fahren in das Camp des Nationalparks und machen eine großzügige Mittagspause. Die Tiere ziehen sich in der Mittagshitze sowieso in den Park zurück und kommen erst gegen Abend wieder heraus. Auf dem Weg zum Camp passiert es dann:
Ein Safari Wagen steht am Rande des Busches und alle schauen gebannt ins Gestrüpp. Wagen Eins, Gisbert ist natürlich neugierig und hält direkt daneben an. Durch die Funke hallt das Wort direkt in unsere Köpfe: “Löwen!”

Endlich! Hatten wir doch schon fast gedacht, diese majestätischen Tiere, den König Afrikas gar nicht mehr zu Gesicht zu bekommen.
Und tatsächlich keine 20 Meter abseits der Straße liegen fünf(!) Löwen im Schatten einiger Bäume. Wir beobachten die Tiere gute zwanzig Minuten lang, bevor wir selig weiter gen Campsite fahren.

 

Wir stellen die Stühle Richtung Chobe auf und geniessen den kühlen Schatten unter einem Baum, mit eiskalten Getränken. Mittagspause.
Gisbert erläutert das weitere Vorgehen:
Zwei Stunden Pause, danach erneute Safari quer durch den Chobe Nationalpark.
Sunny und ich rollen mit den Augen. Wir sind nun über drei Wochen in diesem Land, haben sämtliche großen Tiere der Savanne gesehen, in allen erdenklichen Lebenslagen, Größen und Farben. So langsam aber sicher, so bescheuert es klingen mag, haben wir genug. Das tausendste Zebra sieht eben immer noch genau so aus wie das erste.

 

Wir reden mit der Gruppe und finden in Uli und Horis noch zwei, denen es genau so geht. Wir schlagen vor, die Gruppe zu trennen und mit Horis und Uli schon nach Kasane zu unserer abendlichen Lodge zu fahren.
Gesagt getan. Wir rödeln die Karren auf und fahren los. Keine zweihundert Meter vom Camp entfernt, übersieht Sunny eine scharfe Wurzel in einer Kurve und pfffffffffffff.
…so schnell kanns gehen.

Unser erster Ersatzreifen ist fällig. Uli und Horis, die nur drei Minuten später wieder im Camp auftauchen um nach unserem High-Lift zu fragen, ernten natürlich brüllendes Gelächter und die Sprüche die nun durch den Funkverkehr prasseln, werde ich einfach an dieser Stelle hier genau so ignorieren, wie ich sie gestern schon ignoriert habe. Nachdem wir fachmännisch in Rekordzeit unseren Reifen gewechselt haben (dank der Übung bei Horis und Uli), fahren just diese beiden nun an der Spitze unserer zwei-Wagen-Kolonne. Keine fünf Minuten später taucht allerdings schon das nächste Hindernis des Heimweges auf. Dieses mal ein klein wenig massiver als die Wurzel: Eine Horde Wasserbüffel.

 

Unzählige dieser massigen und gefährlichen, weil sehr leicht reizbaren (und unglaublich dummen) Tiere, stehen links und rechts unserer Straße. Wir überlegen kurz die Horde zu umfahren, entscheiden uns ob der Größe und der matschigen Wiese aber dagegen und rollen mit großem Sicherheitsabstand zum Vordermann, langsam hintereinander mitten hindurch. Die ersten 50 Meter sind aufregend, aber ruhig. Doch je weiter wir in die Herde hinein kommen, desto unruhiger werden die Tiere. Einige Drohgebärden und Scheinangriffe folgen und uns stehen die Haare zu Berge. Wenn jetzt nur ein einziger Büffel hier ausrastet… Büffel sind ja bekanntlich Herdentiere…

Aber es geht, Gott sei Dank, alles gut. Es bleibt bei Scheinangriffen und angegrunzt werden. Wir nehmen eine der Seitenstraßen aus dem Park heraus, wollen wir doch nicht unbedingt der Wachmannschaft von heute Morgen am Haupttor begegnen. In Kasane angekommen machen wir uns auf die Suche nach der Lodge, da erblickt unser Bayer, Uli, einen Kentucky Fried Chicken.
Wie ferngesteuert hält er genau auf diesen zu und parkt. Okay, dann wird das Abendessen eben vorverlegt. Das letzte Mal Fast Food ist eben über drei Wochen her…

 

Uli und ich entscheiden uns für das gleiche Menü und Uli sagt: Dann hol ich uns beiden eines.
Da das Menü riesengroß ist, gehe ich davon aus, Uli bestellt für uns zusammen ein Menü, aber er meinte eben nicht beiden EINES, sondern BEIDEN eines. Und da sitzen wir nun. Jeder mit 20 Hähnchenteilen, einem riesigem Paket Pommes und großer Cola und schaffen beide gerade so die Hälfte unserer Menüs… Na ja, die Kommunikation zwischen Bayer und Rheinländer ist nun mal nicht immer einfach…

 

Die Lodge, die Gisbert ausgesucht hat, liegt direkt am Fluss, ist ausgestattet mit einem riesigen Pool und wirklich wunderschön. Das einzige, das uns ein etwas mulmiges Gefühl beschert, sind die “Beware of Crocodiles”(Achtung vor den Krokodilen) -Schilder, die überall im Camp angebracht sind. Wir bauen die Zelte auf und springen erst einmal in den herrlich erfrischenden Pool.

 

Einige Stunden später, taucht der andere Teil unserer gesplitteten Gruppe im Camp auf und erzählt mit leuchtenden Augen von den gesichteten Tiermassen im Park. Wir gehen trotz unseres KFC-Fressflashs noch alle zusammen auf der riesigen, überdachten Terrasse der Lodge zu Abend Essen und werden von der Auswahl am Menü für unsere vorherige Ess-kapade (höhöh) bestraft. Och maaaanno, hätten wir doch vorhin nicht so viel Hühnchen in uns rein gestopft. Aber so wie es aussieht werden wir noch eine weitere Nacht in dieser Lodge verweilen. Nach dem Essen führt eine Showgruppe noch afrikanische Tänze auf und es wird laut gesungen.

 

Zwar ein bisschen sehr touristisch, aber nichtsdestotrotz ein perfekter Abschluss eines fast perfekten Tages.

 


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Hi, ich bin Sören
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Lasst mich Euch auf dieser Seite mit meinem Fernweh anstecken und zu Euren eigenen Abenteuern inspirieren.

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