Entschuldigt bitte die schlechte Qualitaet der Fotos in diesem Blog. Leider hat es die Speicherkarte meines Handys zerlegt. Meine Mama hatte Zuhause die Fotos schon ausgedruckt, aber leider ist a) die Druckqualitaet dieses Druckers sehr bescheiden und b) der dazugehörige Scanner leider ebenfalls
…es ist mal wieder soweit, ich bin in León, einer Stadt mit PCs und Internet angekommen, Zeit für einen neuen Blog:
Eigentlich stimmt die Ueberschrift nicht so ganz, denn das Erste, was ich zu berichten habe, war noch am selben Abend des letzten Blogs, quasi also am neunten Tag….
Ich sitze an einem Tisch mit lauter Spaniern und schreibe in mein schlaues Buch. Ich habe noch Hunger, also greife ich in meinen Rucksack und hole Bruehwuerfel heraus. Ploetzlich bricht am Tisch ein Tumult los, angeleitet von zwei aelteren spanischen Ladies, die mir Brot und Wurst und Tomaten und Nudeln rueberschieben und mich vehement versuchen davon abzuhalten meine Bruehwuerfelpackung zu oeffnen. Da mein Spanisch noch nicht sonderlich ausgepraegt ist, verstehe ich kein Wort. Jason, ein Amerikaner, der 5 Jahre lang in Spanien gelebt hat uebersetzt mir, dass ich das nicht essen soll. Super, darauf waere ich auch noch gekommen.
Ich verstehe nur nicht warum, also frage ich nach. Nach weiteren 5 Minuten Diskussion mit den aelteren Damen stellt sich heraus, dass sie denken, ich moechte die Dinger roh essen, was ich natuerlich nicht vorhatte. Aber seis drum. Als ich Ihnen (durch Jason) sage, dass ich mir eine Suppe machen moechte sind sie sichtlich erleichtert, bestehen aber darauf, das der nette junge Mann (ich) sich doch gefaelligst den Schinken mitnehmen soll, so’ne Suppe ohne alles waere ja nichts. Nun gut, ich gebe mich geschlagen und nehme den Schinken mit in die Kueche. Ich habe die Kueche allerdings kaum betreten, als mir jemand auf die Schulter klopft. Eine der beiden aelteren Damen. Noch im Herumdrehen werden mir Bruehwuerfel und Schinken aus der Hand genommen und mir zu verstehen gegeben, dass ich mich gefaelligst hinsetzen soll, Sie wuerde das kochen uebernehmen, damit ich mal was auf die Rippen kriege…
Breit grinsend gehe ich aus der Kueche und setze mich wieder an den spanischen Tisch. Nur 10 Minuen spaeter, stellt mir meine Ersatzmutti einen Topf mit Suppe vor die Nase. Suppe, mit Paprika, Schinken, Nudeln und Erbsen. ….ich glaube sowas erlebt man wirklich nur auf dem Jakobsweg.
Da ich mich nicht mit Wein bedanken kann, da die gute Frau „no bebido“, nicht trinkt, bedanke ich mich kurz vor der Bettruhe noch mit einem Lied bei ihr und nun strahlt auch Sie.
Tag 10.
Eigentlich wollte ich ja nach Grañon gehen, aber als ich in Santo Domingo de la Calzada einen Zwischenstop einlege und mein Handy heraushole, erreiche ich endlich einen lieben Kollegen und Freund aus Pamplona (welches ich nun schon seit sieben Tagen hinter mir gelassen habe). Nach kurzem Telefonieren sagt er zu, mich mit seiner Frau noch an diesem Abend zu besuchen, ich solle in Santo Domingo bleiben. Gesagt getan, also checke ich im alten Kloster als Pilger ein, lege mich noch 2 Stunden hin und geniesse meine Pilgertraeume…
Da nehmen die beiden doch tatsaechlich in Kauf 150 Kilometer hin und 150 km wieder zurueck zu fahren, nur um mit mir ein Paar Stuendchen ein Bierchen (beziehungsweise alkoholfreie Getraenke) schluerfen zu koennen… Ich fuehle mich geehrt, solche Weltstars als Freunde schimpfen zu duerfen. An dieser Stelle nochmal vielen lieben Dank und einen ganz lieben Gruss nach Pamplona, an Maite Itoiz und John Kelly. Ich freue mich jetzt schon darauf, unseren geheimen Plan irgendwann im kommenden Jahr in die Tat umzusetzen.
Worum es dabei geht…? Na, man kann doch nicht alles verraten 🙂
(Weil man es auf dem gescannten Foto leider nicht mehr erkennen kann: Links John, rechts Maite und in der Mitte meine Wenigkeit)
Tag 12
So langsam kommt man durcheinander mit den Tagen, den Staedten, den Herbergen und den Leuten… So kommt es in Agés zu folgender Situation: Ich sitze mit meiner Gitarre in einer Bar und spiele, auf Wunsch der beiden netten aelteren spanischen Ladies, die ich hier wiedergetroffen habe, ein Liedchen von Das Niveau. Als ich geendet habe, werde ich von der Seite auf deutsch in einem breiten westfaelischen Dialekt angesprochen, ob ich der Soeren sei. Ich bin mir ziemlich sicher der Dame die diese Frage stellte noch nie begegnet zu sein und so bejahe ich und frage zurueck, woher sie mich denn kenne.
Nein, sagt sie, sie kenne mich garnicht, aber der junge mit der Gitarre waere ja in den, auf dem Camino zurueckliegenden Staedten in den Herbergen schon ein Begriff… *Lach* Caminofamous…
Tag 13
Endlich komme ich in einer der groessten Staedte auf dem Camino an. Und was macht man als wandernder Musiker als erstes? Klar, Strassenmusik. Da nun leider just an jenem Tage Generalstreik in Burgos ist, haben alle Laeden geschlossen und auf den Strassen ist nicht viel los… So beschloss ich also noch einen weiteren Tag in Burgos zu bleiben. Zum Glueck gibt es in Burgos zwei Herbergen (man darf ja immer nur eine Nacht in den Herbergen bleiben), also gehe ich am naechsten Tag nur einen einzigen Kilometer. Quasi von Herberge zu Herberge, einmal quer durch Burgos. Man erzaehlte mir schon in der ersten Herberge, dass der Herbergsvater dort auch Gitarrero ist und so wird erstmal spontan als ich ankomme und er meine Gitarre sieht, froehlich drauflosgejamt. So lerne ich meine ersten Flamenco-Einfluesse. Und die ersten Paar Takte eines spanischen Liedes. Ich habe mir fest vorgenommen mindestens ein spanisches Lied bis zum Ende meiner Reise zu lernen… Tschakka!
Tag 14 und 15
Da der Herbergsvater so nett ist und ich ihm als Gitarrenkumpane so symphatisch, erlaubt er mir, was eigentlich nicht gewollt ist, noch einen Tag laenger in seiner Herberge zu uebernachten. Das Angbeot nehme ich dankend an, und nutze die Zeit fuer ein bisschen mehr Strassenmusik in Burgos. Dort lieferte ich mir dann die zwei Tage einen knallharten Kampf um den besten Platz mit einem gewitzten Bettler. Ich stellte mich wohl spontan am ersten Tag auf seinen Platz und sah den ganzen Tag von ihm nichts, bekam also garnicht mit, dass ich auf seinem Platz stand. Als ich am zweiten Tag just an diesem Ort wieder mein Lager aufschlagen wollte, blickte ich, als ich um die Ecke bog, in die Verachtungs- und Hasserfuellten Augen des Bettlers, der mir boese auf spanisch zu verstehen gab, dass das hier sein Platz sei und ich mich verpissen solle. Nun gut, so spielte ich den Tag ueber woanders… Ich versuchte diverse Plaetze, allerdings ohne viel Erfolg. Mein erstes Bauchgefuehl was den Platz anging war richtig. Den besten Ort in Burgos hatte ich schon gefunden.
Etwas frustriert ging ich Abends ins Bett und nahm mir vor, morgen vor dem Bettler an dem Ort zu stehen… was mir auch gelang. Allerdings beeindruckte ihn das nicht im geringsten, denn als er eine Stunde spaeter mit seiner Kiste wieder auftauchte, setzte er sich einfach mir gegenueber und schaute mich boese an. Mit ein bisschen schlechtem Gewissen spielte ich weiter, aber wie ich vorhin schon schrieb, der Bettler war gewitzt. Innerhalb von 10 Minuten war ich umringt, von 6 seiner Kollegen, die sich so platzierten, dass niemand mehr an mir vorbei ging.
Ich gab mich also geschlagen und wechselte den Platz, gab ihm aber zu verstehen, dass ich nur noch heute hier waere und gerne nach der Siesta dann noch einmal hier spielen moechte. Und siehe da, so schlecht ist mein spanisch wohl doch nicht, denn nach der Siesta tauchte er dort nicht mehr auf und liess mich, zumindest noch ein bisschen am Abend, meine Musik spielen.
Tag 16 und 17
Ich habe wieder gecheatet und mir die gesamte Strecke zwischen Burgos und León (ca. 200km) gespart. Erstens, weil ich gehoert habe, dass sie ziemlich haesslich sein soll und oft an der Strasse und der Autobahn entlang verlaeuft, zweitens weil die gesamte Strecke ca. 2 Meter Hoehenunterschied und nur eine handvoll Baeume aufweist und last but not least, weil ich gehoert hatte, dass in León noch ein grosser Markt sein soll. Es ist schon seltsam wie schnell einem nach tagelangem Laufen Busfahren vorkommt… Vor allem ist es im ersten Moment wirklich komisch die Landschaft an einem vorbeifliegen zu sehen, obwohl die Beine still stehen…
Wie auch immer, in León erwartete mich eine Ueberraschung der besonderen Art, denn der angekuendigte Markt, war in Wirklichkeit etwas noch viel Tolleres… Ein Mittelaltermarkt naemlich. Nachdem ich sehr nette, portugiesische Kollegen mit Dudelsaecken kennengelernt habe, sprachen die kurzerhand mit dem Veranstalter und stielten ein, dass ich selbst auch auf dem Markt spielen durfte. Perfekt. Da meine Stimme allerdings schon etwas angeschlagen war von den 3 Tagen Strassenmusik in Burgos, spielte ich nur eine kurze Runde und machte mich dann auf zurueck zur Herberge, die leider schon um 21:30Uhr Ihre Pforten schloss. Irgendwie war mir das aber heute zu frueh und so beschloss ich noch auf dem Weg, nur meine Sachen zu packen und die Herberge wieder zu verlassen um das Nachtleben von León zu erkunden. Eine weise Entscheidung wie sich herausstellte, denn das Nachtleben in León, gerade zum groessten Festival der Stadt, ist unbeschreiblich! Ich traf die netten Kollegen von Tuttis Catraputtis (der Dudelsackband aus Portugal) wieder und es wurde ein seeeehr langer und vor allem sehr lustiger Abend in den verschiedensten Bars in León. Sieben Stueck haben wir geschafft (soweit ich mich erinnern kann) und als sie dann schlafen gingen, da sie ja heute wieder spielen mussten, ging ich noch weiter in einen spanischen Club…. bis heute morgen um halb 8.
Danach legte ich mich dann noch kurz in den Backstagebereich der Band (der sich gluecklicherweise im Keller eines Hotels befand und daher mit Betten ausgestattet war) und verliess um 11Uhr morgens, von den Kollegen geweckt mein Domizil um in die naechste Herberge einzuchecken (denn gluecklicherweise gibt es auch in León zwei davon)…
Heute Abend werde ich es etwas ruhiger angehen lassen, auch wenn diese Herberge in der ich mich nun befindet nicht schliesst, was schon wirklich verlockend ist…
Ich brauche ja auch meinen Schlaf, denn schliesslich gehts morgen endlich wieder per Pedes weiter, auf dem Camino, dem grossen Ziel, Santiago de Compostela, beziehungsweise Finisterre entgegen…
Noch keine Kommentare