Gefahrene Kilometer: 192 – Maun bis Nxai Pan Nationalpark
Tag 16 beginnt mit Einkaufen in Maun. Die Waren stapeln sich verführerisch vor unseren Augen und jeder ist sofort im Kaufrausch. Ich, als Getränkemanager lenke meine Füße sofort in den Liqour Shop und lasse mich von 3 Mitarbeitern mit einem Hubwagen, Palettenweise mit Cola, Bier, Wasser, tonisches und untonisches , Grants und Co versorgen. Danach geht es weiter in Richtung Nxaipan Nationalpark. In diesem Park sollen sich, laut Reiseführer, die größten Herden an Wildtieren in ganz Botswanas befinden. Es geht wieder den ganzen Tag ausschließlich über Asphaltpisten. Fuß auf Gas, Anlage an, und gib ihm. Circa fünf Stunden später stehen wir vor den Toren des Parks. Wir gehen ins Office und bezahlen für zwei Nächte die Campsite, sowie den Eintritt in den Park. Wow, ganz schön teuer hier. Hoffentlich lohnt sich der Spaß auch. Wir bekommen den Weg zu unserer Luxuscampsite beschrieben, sogar WCs und Duschen seien ausreichend vorhanden. Herrlich.
Wir fahren noch keine zehn Minuten durch den Park, da kreuzt auch schon die erste Giraffe unseren Weg, beziehungsweise den Weg des vorausfahrenden Teams, Uli und Horis. Horis spielt eine Runde Hasenfuß mit dem Langhals und verliert. 5 Meter vor Team 5 kreuzt das Tier unsere Sandpiste. Unglaublich wie langsam das durchaus schnelle Rennen bei so einem großen Tier aussieht. Als würde der Langhals in Zeitlupe laufen.
Die nächste Stunde durch den Park sehen wir bis auf ein Paar Oryxe und Springböcke leider keine weiteren Tiere und fragen uns schon, wo sich die abertausenden Tiere denn verstecken. Naja gut, 2500 Quadratkilometer sind zugegebenermaßen auch recht groß.
Wir kommen an unserem ersten Zielpunkt im Park an. Die gigantischen und weltweit bekannten Baines Baobab Trees. Diese 7 Baum-Kolosse (7 Schwestern) stehen seit über 2500 Jahren an diesem Platz. Es ist unmöglich auch nur einen einzigen dieser Bäume mit allen 14 Leuten zusammen zu umfassen, so gigantisch sind die Stämme. Einer der Riesenbäume ist in frühen Jahren durch einen Blitzeinschlag umgestürzt und horizontal einfach weiter gewachsen. Wie ein gestürzter Riese liegt er vor uns. Die Rinde der Bäume fühlt sich seltsam, fast steinig hart an. Vor, hinter und neben den Baobab-Affenbrotbäumen stehen überall deutlich lesbare NO CAMPING Schilder. Schade, der Platz wäre zum übernachten geradezu episch. Wir beschliessen, dass diese Epik aber definitiv eine weitere tolle Kulisse für Teamfotos sind und positionieren uns.
Nach unserem Fotoshooting soll es weiter zur Campsite gehen. Diese liegt, laut Navi-Team, direkt am anderen Ende der Salzpfanne. Sowohl die Filmcrew die uns entgegen kam, als auch der einheimische Fahrer des Safari Wagens der Lodge haben uns dringendst davon abgeraten die schlammige Pfanne zu durchqueren, “nicht passierbar, zu gefährlich”
Die Fahrspuren die durch den dicken, pappigen Schlamm führen, sind eindeutig schon einige Wochen alt. Kamikaze-Tom kribbelt es nach seinem letzten äußerst peinlichen Fahr-Melheur gehörig in den Fingern. Den gesamten Stop lang spricht er kein Wort und malt sich wohl eine Durchquerung nach der nächsten im Kopf aus. Irgendwann reicht ihm das Kopfkino nicht mehr aus. Er verlässt wortlos die Gruppe, packt Maria am Kragen, setzt sie neben sich ins Auto und gibt Gas. Alle gucken, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, gebannte fünf Minuten lang unserem Spartakus hinterher. Der Motor heult im höchsten Allrad-Gang und… Er schafft es tatsächlich bis zur anderen Seite, ohne ein einziges Mal stecken zu bleiben. Alles springt in die Karren. Das Grinsen wird noch breiter. Per Funk kommen Anweisungen, die Reihenfolge wird festgelegt, keiner fährt, bevor der Vordermann die Schlammschlacht gänzlich abgeschlossen hat. Ausweichen ist hier, trotz der unglaublichen Weite nämlich absolut unmöglich. Keine zwei Meter neben der eingefahrenen Fahrspur wird der Schlamm nur tiefer und tückischer. Der einzig “sichere” Weg ist just diese eine Fahrspur. Ein Wagen nach dem anderen heizt in Gang L4 mit heulendem Motor quer durch die Pfanne. Der Schlamm spritzt zu den Fenstern hinein, die Frontscheibe wird komplett eingesaut und den Unterboden kann man vor Schlamm nicht mal mehr sehen. Kurz: Spaß!
Alle kommen heile und ohne zu stecken zu bleiben auf der anderen Seite an. Die Fahrzeuge werden geparkt, Zeit für ein verdientes, kühles Bier auf der anderen Seite.
Wir machen 20 Minuten Pause und fahren dann weiter Richtung Campsite. Nach nur zehn(!!) Metern, findet unser Navi-Team das Schild für die Campsite. Genau 30 Meter von unserem Pausenpunkt entfernt befindet sich unsere Campsite. Die Pause hätten wir uns wohl sparen können. Die Campsite ist mickrig. Nur mit Mühe und Not finden alle Fahrzeuge auf der Area Platz. Doch nicht nur das, die Toiletten stellen sich als ein ein einziger Bretterverschlag mit genau einem Plumpsklo heraus, die „ausreichenden Duschen“ sind ein einziger Wassereimer, der aufgrund der Trockenheit selbstverständlich auch noch leer ist (von ein Paar Insekten mal ausgenommen).
Erneute 15 Minuten Pause im Schatten, dann soll es für fünf der sieben Teams auf Pirschfahrt gehen. Die vielen Tiere können sich ja nicht ewig verstecken.
Nur zehn Minuten nachdem der Fünfertross die Campsite nach links verlassen hatte, kam er von rechts wieder ins Sichtfeld. Unsere Campsite befindet sich auf einer Insel mitten in der Salz-Pfanne, wie uns Gisi per Funk mitteilt. Kurz nach dem Funkspruch biegt Team 1 wieder in die Schlammpfanne ab, Team 3, Tom und Maria folgen. Noch bevor der Wagen des Generals die andere Seite des Trockensees erreicht, setzt der Wagen des Smutjes heftig auf und fräst sich einen halben Meter tief in den pappigen Schlamm. Oh, scheisse! Das Schauspiel konnte wunderbar von der Campsite aus bewundert werden. Ich packe den Spaten und pro Forma das dicke Abschleppseil aus unserem Auto aus und mache mich auf Richtung Wagen 3, nichts ahnend was nun kommen sollte…
Die Rettungsaktion des festsitzenden Fahrzeuges dauert geschlagene zwei Stunden. Zuerst versuchen wir mit fünf Spaten das Fahrzeug so weit wieder frei zu legen, dass wir überhaupt die Sandmatten vor die Vorderreifen schieben können und der Wagen nicht mehr komplett aufsitzt. Der Schlamm ist schwer wie Zement und pappt an den Spaten wie Klebstoff. Sunny und Caro gehen irgendwann dazu über den Schlamm mit Händen und Armen von den Reifen zu entfernen. Eine halbe Stunde lang wird gebuddelt, geschüppt, geschoben, und sich eingesaut. Dann der erste Versuch. Sieben Leute versuchen zusätzlich das Fahrzeug anzuschieben. Keine Chance. Der Wagen sitzt immer noch zu sehr auf, die Reifen drehen sich, bewegen das Fahrzeug aber keinen Millimeter vorwärts. Die ersten zwei Fahrzeuge werden mit Abschleppseilen verbunden. Nun wird versucht die feststeckende Karre rückwärts mit den zwei anderen Autos aus dem Schlamm zu ziehen. Gefahr hierbei: Die beiden anderen Autos müssen für die Aktion ebenfalls ein Stück weit in die Pfanne fahren. Man muss also versuchen beim abschleppen nicht zu viel Gas zu geben, um nicht die beiden nächsten Karren auch noch im Schlamm zu versenken. Gar nicht so einfach und leider ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Der General und sein Fahrer sind mittlerweile zu Fuß durch die Pan auch am Tatort angekommen und haben glücklicherweise ein weiteres Abschlepp-Panzerseil dabei. Zwei weitere Fahrzeuge, darunter auch meines, werden angespannt. Leider reichen unsere Panzerseile nicht aus und wir müssen mit den dünnen Abschleppseilen weiter verbinden. Nachdem alle Seile fest gemacht und gespannt sind, setzen sich alle in die nun vier weiteren Autos.
Drei…Zwei… Eins… und GAS! Die dünnen Seile zwischen mir, dem Fahrzeug dahinter und dem Fahrzeug davor halten diesem Druck exakt drei Sekunden stand, bevor sie fast gleichzeitig zerreissen. Während der gesamten Aktion zieht sich der Himmel um uns herum immer mehr zu. 360° um uns herum fangen Blitze an zu zucken. Wenn es jetzt anfangen würde zu regnen, kommt keiner von uns heute noch aus der Pfanne heraus. Wir befinden uns schließlich an einer Insel. Eile ist geboten. Der Druck möglichst bald frei zu kommen wächst. Die ersten Überlegungen das Auto aufzugeben und dem Verleiher zu melden werden laut.
Ruhe bewahren und ein weiterer Versuch. Die Seile werden anders aufgeteilt, das erste Fahrzeug näher an das Unfallfahrzeug heran gebracht, aber eben auch wieder weiter in den Schlamm der PFanne gefahren, die Seile werden erneut festgezurrt, Caro, Maria und Sunny schürfen noch einmal Schlamm unter Toms Auto weg und sind schon bis zum Hals Dreck-grau. Keine schöne Aufgabe, denn der Matsch ist nicht nur äußerst schwer und klebrig, sondern stinkt auch noch wie eine vermoderte Pfütze. Da freu ich mich heute Abend aufs Kuscheln im Zelt. Der vierte Anlauf klappt dann allerdings endlich, auch wenn uns beim ersten Anfahren ein weiteres Seil reisst und wir es von vornherein mit einem Auto weniger versuchen müssen. Egal, es funktioniert. Toms Karre ist nach über zwei Stunden endlich aus den Matschfluten gerettet.
Der General hat unterdessen beschlossen, dass es vollkommen hirnrissig ist in der Campsite zu übernachten. Falls es heute Nacht gewittert, oder auch nur regnet, ist die Pfanne morgen früh so verschlammt, dass wir hier die nächsten paar Tage nicht mehr wegkommen würden. Der einzig logische Platz für heute Nacht befindet sich gegenüber. An den Baobab Trees. So viel zu „NO CAMPING!“
Einziges Problem: Wir müssen ERNEUT mit ALLEN Fahrzeugen quer durch die schlammige Salzpfanne. Nun ja, nicht mit allen, der General ist ja schon drüben.
Durch die erste Durchquerung aller Fahrzeuge, ist die bisher benutzte Spur aber leider schon zu tief und damit unbrauchbar. Tom fährt also wieder als erstes und erschafft eine neue Guide-Spur direkt neben der bisherigen. Alle anderen folgen. Niemand bleibt stecken, auch wenn es ein Paar mal wirklich knapp ist. Schwein gehabt, ein weiteres so feststeckendes Auto hätten wir vor dem Gewitter sicher nicht mehr frei bekommen.
Wir schlagen unser Lager inmitten der NO CAMPING Schilder auf. Also doch noch ein episches Camp. Haben wir uns nach dem Stress aber auch redlich verdient, finde ich.
Zum Abendbrot zaubert Tom, als Entschuldigung fürs Stecken bleiben, ein herrliches Chicken-Curry und am Lagerfeuer danach fliessen noch reichlich Gin-Tonic, Bier und Whiskey-Colas durch unsere ausgetrockneten Kehlen. Gisi gibt ein Paar Afrika-Schauermärchen seiner ersten Expeditionen zum Besten und alle lauschen gespannt und sind froh, dass wir für viele dieser damaligen Notfälle heute bestens ausgerüstet wären. Als das erste Gewitter uns dann schließlich erreicht und es in Strömen anfängt zu regnen, verschwinden alle schnell in den Dachzelten und schlafen fast augenblicklich ein.
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