Gefahrene Kilometer: 20 – Nxai Pan Nationalpark – Baines Baobab bis South-Camp

 

Trotz des unglaublich aufregenden und anstrengenden Tages gestern, schlafe ich diese Nacht genau eine Stunde. Dieses mal weckt mich allerdings weder der Wind, noch ein Gewitter. Wobei das hörbare Grollen tatsächlich genau so gut zu einem Gewitter gehören könnte. Mein Magen krampft dermaßen, dass ich davon aufwache. Mir ist unglaublich schlecht und ich schwitze wie ein Schwein. Der erste Griff ist der, an den Reisverschluss des Zeltes. Mit Mühe und Not schaffe ich es noch schnell genug den Kopf aus dem Zelt zu stecken, als ich mir auch schon die Seele aus dem Leib reiere. Ja herrlich, das ist ja ein geiles Timing, jetzt, wo wir erst einmal wieder tagelang in der Wildnis sein werden. Die ganze Nacht hänge ich, fast jede Stunde einmal Brocken lachend mit dem Kopf außerhalb des Zeltes. So lange bis nur noch Galle und noch weiter danach gar nichts mehr kommt. Je weiter die Nacht voranschreitet, desto größer wird allerdings noch ein anderer Druck. Das Dumme ist nur, dass man in einem Nationalpark mit tausenden wilder Tiere nicht unbedingt mitten in der Nacht sein Zelt verlassen sollte um ungeschützt in einer Salzpfanne hockend seinen Bedürfnissen nachzugehen.

 

Als ich es kaum noch aushalten kann und mich schon den Hintern aus dem Zelt hängen sehe graut der Morgen und es wird langsam hell. Ahhh endlich, Herr erlöse mich….  Diesen Satz habe ich kaum zu Ende gedacht, da finde ich mich auch schon nackt auf der Leiter unseres Dachzeltes wieder. Ich nehme drei Stufen auf einmal, springe die letzten Paar hinunter und komme keinen Meter weiter bevor, der Ausdruck möge mir verziehen werden, er beschreibt die Situation und das Gefühl nur einfach am besten, mein Arsch explodiert.

Ich lege mich, so lange die anderen frühstücken noch mal schlafen. Zum Glück beträgt unsere Fahrtstrecke heute nur 24 Kilometer. Wir fahren lediglich von unserer eigentlichen “Luxus”-Campsite, zur nächsten Campsite des Nationalparks. Mein zweiter Morgen beginnt mit einem Würgen. Kommt aber nüscht mehr. Ist ja auch nichts mehr drin, denke ich. Es folgt das Verschwinden mit Klorolle im nächsten Busch. Herrlich im Urlaub. Ich setze mich an den frühmorgendlichen Pokertisch, wo bereits die erste Partie gespielt wird. Begleitet von einigen Guten-Morgen-Gin-Tonics. Man gönnt sich ja sonst nichts. Ich trinke Schluck für Schluck einen halben Liter Wasser und haue mich wieder hin. Kaum liege ich wieder im Zelt, tritt genau die Situation ein, die wir uns gestern Abend noch ausgemalt haben. Ein Ranger, mit einer Hand voll Touristen im Safari-Bus hält an den Baobab Trees. Die vier Elite-Urlauber in ihren weissen  Golfhemden sind sichtlich geschockt von den Morgens um zehn Uhr trinkenden und Poker spielenden, mit Schlamm und Matsch beschmuddelten, laut lachenden Menschen und ihren verdreckten Karren. Ich bekomme nur mit, wie zwei Amerikaner das blanke Entsetzen packt, beim Anblick meiner nächtlichen und morgendlichen unfreiwilligen… nun… „Äußerungen“ direkt vor unserem Zelt. “Honey, here’s the proof. The Germans are worse than the Americans”. Die Reaktion der Etepetete-Touries auf uns, kann detailreich und wahrheitsgetreu im MPS-Blog von Gisi nachgelesen werden. (Datum: 24.1)

 

Nach einem ausgedehnten Frühstück, mit schon erwähnter, angehängter Pokerpartie, geht es weiter zur anderen Campsite des Parks. Als wir dort ankommen passiert beinahe der erste Unfall des Trips. Uwe fährt fast auf das Fahrzeug des Generals auf, da seine Bremsen versagen. Alea, unser Ein-Mann-Technik-Team, schaut sich die Sache sofort an und stellt fest, dass eine Bremsleitung gerissen und die Bremsflüssigkeit komplett ausgelaufen ist. Gut, dass wir ein Satellitentelefon dabei haben, denn mit Handy-Empfang ist es hier im Outback Essig. Wir rufen unseren Vermieter an, der uns verspricht, innerhalb von zwei Tagen eine neue Bremsleitung nach Gabarone zu liefern, wo wir sie uns in einer ausgesuchten Werkstatt dann einbauen lassen können. Hätten wir keinen fähigen Techniker dabei, müssten wir das defekte Fahrzeug nun über 450km abschleppen. Eine absolute Tortur.

Während Jörg schraubt, zaubert unser Smutje ein deftiges Mittagsmahl für alle. Kudu-Wurst, Straussenaufschnitt, diverseste Käsesorten, Brot und Butter, kurz: eine derbe Brotzeit. Ich versuche mich derweil an einer Scheibe trockenen Toast. Der bleibt zwar drin, trotzdem ist mir danach schlecht. Für Belustigung während des Essens sorgt ein bunter Vogel, der uns auf Schritt und Tritt folgt und alle ganz genau im Auge behält. Da will wohl jemand sein Revier verteidigen. Er hüpft auf Toms Türe, da das Fenster des Autos offen ist um sich mit seinem gebogenen Schnabel auf unsere Hälse zu stürzen und einen nach dem anderen langsam zu Tode zu hacken (oder so), stellt aber verdutzt fest, dass plötzlich ein anderer, viel gefährlicherer Feind in sein Lager eingedrungen ist. Er hackt dermaßen oft und fest auf sein Spiegelbild in Toms Seitenspiegel ein, dass wir schon fürchten, der Spiegel müsse zerspringen. Zum Glück bleibt dieser ab ganz.

Ich verschwinde mal wieder im Bad und dusche mich kalt ab, was für eine Wohltat. Danach verlege ich meinen Astralkörper (viel mehr ist zur Zeit nicht übrig) danach sofort wieder ins Zelt.

 

Das Übel an Uwes Karre ist notdürftig behoben, die Mägen der Reisenden sind gefüllt und sie scheren aus, zur ersten Pirschfahrt des Tages. Ich bleibe total platt im Zelt, im Camp. Per Funkgerät höre ich die Funksprüche der anderen mit und lausche dem, was ich verpasse. Kaum aus dem Camp heraus treffen sie auf Zebras. Auf sehr, sehr viele Zebras. Tausende von den Tieren laufen an den Autos vorbei, die Fahrbahn bebt unter dem Getrappel der Hufe. Meine Mitreisenden sehen Zebras in sämtlichen Größen, Breiten, Gemüts- und Alterslagen.

Mit diesen Berichten im Ohr schlafe ich langsam ein und wache erst wieder auf, als schon längst alle wieder im Lager sind und Tom schon fast fertig mit dem Zubereiten des Abendbrotes ist.

 

Es gibt Bohnen. Keine Schonkost für einen geschundenen Magen, ich werde mich also wohl oder übel wieder mit Toastbrot zufrieden geben müssen. Als Sunny neben mir ihre Bohnen bekommt und sich sofort darauf stürzt, verliert sie augenblicklich jegliche Farbe aus dem Gesicht. Als ich frage was los sei, kommt mir aus ihrem Rachen ein Feuerstoß entgegen. Die Bohnen scheinen wohl scharf zu sein. Und tatsächlich, Bea, die treue Beifahrerin von Roberto, hat sich beim Einkaufen am Tag vorher im Regal vergriffen. Chilibohnen.

 

Ich bereue doppelt, dass ich diese genau so doppelt nicht vertragen würde zum derzeitigen Zeitpunkt. Ich liebe Bohnen und ich liebe scharfes Essen. Och menno!

 

Nach dem Essen hängen alle in einer Art Fressstarre am Tisch. Ich will mich gerade erheben um mich ins Bett zu verabschieden, als Tom plötzlich seine Taschenlampe vom Tisch nimmt, hinter sich leuchtet, und wir noch gerade eben, ein Hyänenhinterteil im Busch verschwinden sehen. Plötzlich gehen verdächtig viele ins Waschhaus, oder werden urplötzlich todmüde. Das Lager leert sich rapide.

 

Ich schlafe, trotz viel Schlaf am Tag, zügig ein. Mitten in der Nacht werde ich von kräftigem Wind geweckt, der durch die Bäume über uns fegt. Man hört Donnergrollen und sieht, durch die Moskitonetze des Zeltes Blitze in der ferne zucken, in allen vier Himmelrichtungen. Von jetzt auf gleich fängt es heftig an zu regnen. Der Regen prasselt auf das Zelt nieder, das Donnergrollen kommt näher. Plötzlich ist es für eine Nanosekunde taghell im ganzen Lager. Zeitgleich kracht ein Donner so laut, dass es nur eine Erklärung dafür geben kann: Dieser Blitz ist garantiert ganz in der Nähe unseres Camps irgendwo eingeschlagen. Vielleicht sogar im Blitzableiter unseres Waschhauses.

 

Glücklicherweise in keines unserer Zelte. In jedem Zelt ringsumher werden Taschenlampen sichtbar, Reißverschlüsse gehen auf, oder man unterhält sich kurz. Fünf Minuten später ist alles wieder still. Was für ein Schock. Dieser Einschlag ist garantiert Gesprächsthema beim morgigen Frühstück.

 


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