Ja, so langsam fühle ich mich angekommen in Südamerika. Aber bisher habe ich ja nur das Großstadtleben gesehen. Zeit endlich die Füße aus dieser gigantischen 13 Millionen Einwohner Metropole zu schieben, mit der breitesten Straße (20 Fahrstreifen, davon 4 alleine für die Busse), dem vermutlich kompliziertesten Bussystem- und einem der bekanntesten Theater der Welt.

Mein erster Stopp führt mich allerdings kaum 60 Kilometer hinaus nach Tigre, einer kleinen Vorstadt im Delta des Rio Paraná. Hierher kommen viele der porteños, um mal einen Tag abzuschalten und das ruhige Flussleben zu geniessen. In diesem Delta aus Flüssen, Seen und Mäandern sind Autos nämlich ziemlich nutzlos. Hier bewegt man sich fast ausschliesslich mit dem Boot fort.

Ich nehme keines der (völlig überfüllten) Touristenboote, sondern einen der lokalen Wasserbusse der Einheimischen. Über eine Stunde lasse ich mich quer durch die Kanäle schippern, bevor ich gefragt werde wo ich denn eigentlich noch mal genau aussteigen wollte. Ichhabe mich schon gewundert, denn eigentlich sollte die Fahrt ja nur 30 Minuten dauern. Na ja, egal. Ich werde irgendwo auf einer sehr kleinen Insel mit genau 2 Häusern darauf abgesetzt. Allerdings nicht mal für eine Minute, denn der Kahn den ich laut “Bus“fahrer nehmen soll, ist schon in Sichtweite. Ich winke, der Käptn schippert zu mir rüber und kaum das ich eingestiegen bin gehts auch schon den selben Weg zurück, den ich gerade erst gekommen bin. Aha. Außerdem bin ich bin der einzige Fahrgast… Ähm… Schon ein komisches Gefühl so mitten im Nirgendwo, in einem kaum bewohnten Flussgebiet, alleine durch die Pampa geschippert zu werden…

Seis drum. Zehn Minuten später werde ich wieder auf einer kleinen Insel abgesetzt und stehe auf einem Steg im Garten eines Wohnhauses (kein Witz!). Ein winzig kleiner Pfad aus Steinplatten führt rechts am Gebäude vorbei in den Busch. Sonst ist hier exakt gar nichts. Kurz geht mir durch den Kopf, dass mein Behelfsspanisch eventuell falsch verstanden wurde, aber ich schüttele den Gedanken ab und mache mich erst einmal auf den, nun, einzigen Weg der sich mir bietet. Verlaufen kann ich mich ja schlecht, wenn es nur in eine Richtung geht.

Es folgt Buschwerk. Viel Buschwerk und dann irgendwann weitere,vereinzelte, teilweise echt schöne Wohnhäuser auf Stelzen. Das Froschkonzert welches mich hier die ganze Zeit umgibt hat etwas sehr Beruhigendes. Und auch wenn die Frösche hier völlig anders klingen, muss wegen der Lautstärke und der Atmosphäre plötzlich an das magische Froschkonzert am Chobe River in Afrika denken. Nach circa 10 Minuten kommt jemand mit seinen Hunden aus einem der Häuser. Auf meine Frage hin ob ich wirklich auf Rama Negra bin und ob es das Restaurant aus meinem Reiseführer noch gibt, deutet der Mann nur den Pfad entlang. Hm, okay. 
Und hey, tatsächlich, nach weiteren 5 Minuten Fußmarsch durch, oh Wunder, Buschwerk, stehe ich vor…. Moment mal…. wollt ihr mich verarschen? …im ERNST?!

Ich stehe vor einem Schild mit der Aufschrift „Alpenhaus“, mit dazugehörigem Holzhaus dahinter. Neben Salchichas, Jambonon und Fiambres, stehen Bratwurst, Kassler und Leberkäse auf dem Holzschild im Garten, so als ob diese Gerichte völlig selbstverständlich zusammen auf eine Speisekarte gehören. Nach einem ungläubigen Blick auf die Karte und dem immer noch ungläubigen Blick als das„Schöfferhofer Weizen“ endlich vor mir steht, beschliesse ich die Kellnerin zu fragen,was hier eigentlich läuft. Die Antwort ist denkbar einfach und dazu auch nicht einfach zu verstehen, denn die gute Frau spricht deutsch mit mir.

Ihr Mann stammt aus Wien, hat sich in Südamerika in sie verliebt, ist hier geblieben und hat zusammen mit ihr ein Stück seiner Heimat nach Tigre gebracht. Tzzz… Logisch, dass man dann mitten in einem Flussdelta im argentinischen Hinterland eine Almhütte aufmacht. …irgendwas scheint dieses Land mit einem anzustellen,dass man solche Entscheidungen als völlig normal empfindet.

 


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