Gefahrene Kilometer: 15 – Nxai Pan Nationalpark
Heute geht es endlich weiter. Das Morgenrot versucht das heftige Gewitter vom Vorabend vergessen zu machen und schafft es auch fast. Trotzdem: Thema beim Frühstück ist, klar, der Blitzeinschlag heute Nacht, als die Männer ihre Frauen angesprungen sind vor Schreck. Was für ein heftiger Donner.
Es wird sich gewaschen, gefrühstückt, der ein oder andere Kaffe getrunken, die Zelte eingepackt und die Autos gestartet. Auf zum Tor des Nationalparks. Unterwegs stellt Uwe wieder fest, dass die Bremsen an Fahrzeug 7 erneut nachlassen.Wir sind noch keine 15km gefahren, da lässt der General den ganzen Tross stoppen. Er steigt aus, breitet seine Karte auf der Motorhaube aus und ruft zum Versammeln. Aufgrund des späten Aufbruchs heute, der vielen Kilometer die wir zurückzulegen haben und des wenigen Wilds, dass wir bisher hier gesehen haben, hat Gisi beschlossen den Tag der Abreise aus dem Nationalpark, noch um einen Tag nach hinten zu verschieben.
Also Kommando zurück, alles fährt zurück Richtung Campsite und baut die eben erst abgerissen Zelte wieder auf. Zum Glück sind diese unglaublich komfortabel und lassen sich mit nur wenigen Handgriffen nicht nur ab- sondern auch aufbauen.
Gar nicht so schlecht für mich, dieser Tag Pause, so kann ich meinen geschundenen Magen noch einen weiteren Tag auskurieren, bevor es wieder stundenlang auf die Straße geht.
Es wird beschlossen, den Tag zur freien Verfügung zu stellen. Um 17Uhr soll es dann auf Safari gehen. Morgen früh wird dann um 5:30Uhr aufgebrochen um noch eine Frühpirsch einzuschieben, bevor es weiter auf die Piste geht.
Der angebrochene Tag wird mit einer Partie Poker wieder nutzbar gemacht. Die Tische und Stühle dafür sind schnell aufgeklappt, der Pokerkoffer, dank Pokerteam sorgfältig aufgeräumt, schnell aufgebaut. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnt: Diese Pokerpartie, wird sowohl den Pokerfans, als auch den totalen Pokerabstinenzlern wie mir, für immer im Gedächtnis bleiben…
Mitten während der Partie sagt Tom plötzlich ganz ruhig: “Leute, da kommt gerade ein ziemlich großer Elefantenbulle in unser Lager spaziert.”
Tatsächlich. Brav auf dem Weg dahin wiegend, schiebt sich einer der grauen Riesen genau auf uns zu. Einige am Tisch springen sofort auf aber Gisbert, als der erfahrenste Afrika-Tourer gibt Entwarnung. Der graue Berg sei vollkommen entspannt und wird sich uns nicht weiter nähern. Zögerlich setzen wir uns wieder hin. Und wirklich, der Elefant beäugt uns zwar misstrauisch, bleibt an einer großen Pfütze aber stehen und fängt an zu saufen. Was für ein Anblick. Nur 30 Meter von uns entfernt steht ein wilder Elefant und glotzt uns an, während er sich mit seinen großen Ohren Luft zufächert. Als er wieder aufschaut macht er einige weitere Schritte in unsere Richtung. Ich ziehe schon mal meine Flip Flops aus, man weiss ja nie…
Aber Ziel des Elefanten sind nicht etwa wir, sondern der zehn Meter von der Wasserstelle entfernt stehende Baum, an dem sich der Riese auch sofort zu schubbern beginnt. Der absolute Hammer! Der Elefant ist nun noch circa 20 Meter von uns entfernt und immer noch vollkommen entspannt.
Fünf Minuten später dreht er sich behäbig nach links, schaut noch einmal in unsere Richtung und trottet dann völlig ohne Hast Richtung Savanne davon. Alle sind sprachlos. Was für ein Erlebnis. Da hat sich das Bleiben im Camp jetzt schon gelohnt.
Aber, die Partie Poker sollte noch epischer werden, als ohnehin soeben geschehen.
Nur zwei Runden später, wird eine Neun aufgedeckt und Gisbert “called”.
Horis, vollkommen ruhig, vermutet auf Gisberts Hand eine Straße und spricht dies auch aus. Gisbert legt die Karten offen und Horis springt auf…
Er knallt seine Karten ebenfalls auf den Tisch und ruft, nun wieder fest in seiner Rolle als Bruder Rectus, sämtliche Gottheiten an, die ihm gerade einfallen. Mit totalem Pokerface, hat er Gisberts Call kommentiert, wobei er selber einen “Straight Flush” auf der Hand hatte. Für alle die, die von Poker genau so viel verstehen wie ich, nämlich gar nichts, ein Straight Flush ist in etwa so wahrscheinlich, wie ein Sechser im Lotto.
Damit entscheidet der Mönch dieses Spiel und kurze Zeit später auch das gesamte Game für sich. Spiel, Satz und Sieg Bruder Rectus, trotz, oder mag man dem Bericht des Generals glauben, gerade wegen des zwischenzeitlichen Elefenatenbesuches. Ich allerdings glaube Bruder Rectus und muss als Stimme der Freiheit und Wahrheit hiermit verkünden: Der Sieg war legal, ungezinkt und völlig verdient. Glückwunsch Horis.
Zur Nachtpirschfahrt lasse ich mir mal sicherheitshalber eine Immodium Akkut von unserem best-ausgerüsteten Medic-Team verabreichen. Wir pirschen bis in die Dunkelheit hinein und sehen reichlich Zebras, Gnus, Springböcke, Oryxe, einige Giraffen, Schakale und wieder Massen an Zebras. Die Parkleitung teilte uns heute mit, dass sämtliche Zebras der Region sich mittlerweile im Nationalpark versammelt haben. Es lebt zur Zeit eine Population von geschätzt 25.000 schwarz-weiss-Pferden hier in der Nxaipan. Wir fahren weiter und hoffen, je dunkler es wird, vielleicht doch noch einen Löwen zu Gesicht zu bekommen, doch bis auf einen, wohl von just diesem gerissener, schon fast verwester und vollkommen ausgetrockneter Zebra-Kadaver, ist keine Spur von den Raubtieren zu sehen. Schade, wieder keine Löwen. Der Himmel ringsherum ist wieder zugepflastert mit Gewittern. Der gesamte Horizont ist voll von Blitzen. Hoffentlich bleiben wir heute Abend verschont.
Kurz vor Ende der Pirschfahrt führt der Weg durch ein sehr schlammiges Gebiet. Da nur am aller ersten Fahrzeug Licht eingeschaltet ist, um die Tiere nicht zu verschrecken, sehen wir Hinteren dementsprechend wenig. Uwe, der als letzter fährt, schafft es um ein Haar fast wieder, seine Karre im Matsch fest zu setzen. In dunkelster Nacht, umgeben von wilden Raubtieren ein Auto aus dem Schlamm ziehen zu müssen… Abenteuer gerne, Wahnsinn, nein danke.
Aber zum Glück kommt es soweitnicht.
Gegen halb 11 kommen wir mit allen Fahrzeugen heil im Camp an. Die Zelte werden wieder aufgebaut und der Himmel zieht sich dabei schon völlig zu. Wir werden also auch heute Nacht nicht von den Gewittern verschont bleiben. Hoffentlich halten zumindest die Blitze heute Nacht einen größeren Abstand.
Zum Glück bleibt es während des Zeltaufbaus noch trocken. Doch kurz danach, als sich alle gerade zusammen an den großen Tisch setzen wollen, fängt es von jetzt auf gleich wieder heftig an zu regnen. Sintflutartig schiesst das Wasser vom Himmel und prasselt auf die Zelte. Jeder rennt so schnell er kann in sein Zelt. Nur eine halbe Stunde später, haben uns mindestens zwei Gewitter erreicht und es kracht und knallt alle Paar Sekunden. Einer der Blitze schlägt direkt hinter unserem Zelt, auf der nur circa 100 Meter entfernten Wiese ein. Der Donner dieses Einschlags ist noch lauter als der, bei dem am Vortag alle zusammen gezuckt sind. Sunny und ich beschliessen spontan das unsichere, für Blitze viel besser erreichbare Dachzelt, gegen die sichere Karosse unseres Fahrzeuges einzutauschen.
Als wir das Zelt aufmachen erwartet uns eine Überraschung: Die Wassermassen haben das gesamte Camp überflutet und wir stehen mit unserem Fahrzeug mitten in einem See. Ein weiterer Grund, hier nicht auf den nächsten Blitz zu warten. Ich springe aus dem Zelt. Das Wasser reicht mir bis über beide Knöchel. Zum Glück ist die Tür des Jeeps ja nicht weit. Wer weiss, was einem auf längeren Strecken bei diesem Wetter noch so alles über den Weg laufen würde…
Wir kuscheln uns mit der einen Decke, die wir mit ins Auto genommen haben bestmöglich ein, und lauschen dem Prasseln des Regens, bis dieser langsam nachlässt.
Der Einschlag hinter unserem Zelt bleibt der mit Abstand nahste des Gewitters und nach einer halben Stunde sind beide Gewitter so viel weiter gezogen, dass wir unser Nachtdomizil erneut wechseln. So, jetzt aber: Gute Nacht.
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