Gefahrene Kilometer: 560 – Nxai Pan Nationalpark bis Serowe
Der nächste Morgen beginnt mit einem Tuk Tuk. Nein, unser Auto ist nicht gemeint. Der lustige bunte Vogel vom Vortag ist wieder da und weckt uns indem er direkt neben uns auf unserem zweiten Zelt landet und sein “tuktuktuktuktuk” von sich gibt. Was für ein schöner Naturwecker. Ich springe die Leiter hinunter und…. habe den See ganz vergessen. Super, Morgendusche im Schlamm unserer Campsite.
Richtig duschen gehen, anziehen, kleine Morgensafari, bei der zwar nichts aufregendes tierisches gesichtet wird, aber allein dieser unglaublich atemberaubenden Sonnenaufgang war das frühe Aufstehen wert. Heute geht es weitere 550km über Teerpisten nach Serowe. Dort gibt es ein einzigartiges Safari-Camp, mit den meissten Nashörnern ganz Botswanas. Da wir alle heiss drauf sind, eines dieser Tiere in freier Wildbahn zu sehen, ist die Entscheidung für dieses Camp schnell gefallen.
Wir setzen uns in Bewegung. Nach circa 20km lotst uns das Navi Team nach links auf eine “Abkürzung”. Diese stellt sich nach nur drei Kilometern aber dummerweise als Sackgasse, vor einem überfluteten Fluss heraus. Für den überfluteten Fluss kann zwar niemand was, aber hey Leute, es ist Regenzeit. Punktabzug und Titel der Deppen des Tages für unser Navi Team!
Einziges weiteres Highlight auf der heutigen Tour ist ein Esel der mitten auf der Straße steht. Eigentlich überhaupt kein Wunder hier in Botswana, im Land der Esel, dieser allerdings schon. Ich war leider mit dem Fotoapparat nicht schnell genug (was vielleicht auch daran gelegen haben mag, dass ich gefahren bin und meine Beifahrerin schlief), denn das Tier hätte ich zu gerne fotografiert. Nein, dieses Mal geht es ausnahmsweise nicht um die Ähnlichkeit zu Horis, wie in diesem Blog, sondern um die Gesamterscheinung an sich. Ein Ohr war ein-, das andere halb abgerissen. Das Fell, wenn man die grau-braunen Flusen denn so bezeichnen mag, hing nur noch in Fetzen herab und überhaupt sah das arme Tier aus, als hätte es beim örtlichen ADAC (haha… in Afrika…ist klar…) als Crash-Test-Dummie gedient. Was vermutlich auch der Grund dafür sein mag, dass der Esel alle sieben Fahrzeuge in circa 20cm Entfernung absolut ungerührt an sich vorbeifahren liess und auch durch lautes hupen nicht einen Millimeter zu bewegen war. Vermutlich war er eh taub von den ganzen er- und überlebten Explosionen.
Kurze Zeit später, im nächsten Dorf entdeckt Alea eine Tankstelle mit Reparaturservice. Man kann uns tatsächlich eine Bremsleitung für Uwes seit zwei Tagen kaputten Toyota zur Verfügung stellen und so wird Uwes Karre eben schon hier repariert. Je eher desto besser.
Alea, unser Tech-Team, leistet wieder hervorragende Arbeit und hat in Windeseile das defekte Teil ausgetauscht. Währenddessen stelle ich fest, das sich die Wunde an meinem rechten Fuß, mit dem ich mich vor ein Paar Tagen in den Pool stürzte, um Alea mit einer Arschbombe nass zu machen, entzündet hat. Na super. Doktor Sunny ist sofort zur Stelle, desinfiziert, reinigt und…. reist ab. Aaaaaaaaaaaua! Die entzündete Haut ist nur zur Hälfte abgerissen. Geil, erstmal ein Foto fürs Tagebuch. Warmduscher, bitte jetzt mal weg schauen:
Mittlerweile ist alles gut verheilt und dank Doktor Sunnys Hilfe, wieder in bester Ordnung. Danke, Doktor Sunny.
Nach dieser etwas längeren Pause geht es weiter. Auf der weiteren Fahrt passiert nichts aufregendes mehr. Circa drei Stunden später erreichen wir das für heute angepeilte Safari-Camp. Kein Aufbau, kein Essen, es geht sofort in den Park hinein, schließlich wollen wir Rhinos sehen.
Wir haben unglaubliches Glück. Keine zehn Minuten sind wir gefahren, da stehen gleich fünf der äußerst seltenen Tiere direkt auf unserem Weg und grasen genüsslich. Als die Tiere die Motoren unserer Autos hören, schauen sie kurz auf, lassen sich bei ihrem Abendbrot aber stören und machen keinerlei Anstalten weg zu gehen, oder gar anzugreifen. Völlig friedlich malmen die grauen Kolosse, nur wenige Meter von unseren Autos entfernt, Gras zu Grasmatsch. Langsam, sehr langsam, schieben sich die tonnenschweren Tiere vom Weg hinunter auf die angrenzende Wiese. Was für ein Anblick!
Keine 500 Meter weiter, sehen wir eine sehr junge (weil sehr helle) und eine augenscheinlich sehr alte (weil äußerst dunkel gefärbte) Giraffe fressen. Auch diese, sehr scheuen Tiere, lassen sich nur marginal von uns beim Fressen stören. Unglaublich das alles ohne jegliche Gitter oder Begrenzungen so nah erleben zu dürfen. Kurz hinter den Giraffen vermutet Sunny links von uns einen Esel. Ich sehe aber noch Hörner und will gerade mit dem Auto zurücksetzen um noch mal richtig zu schauen, da ruft Gisi schon durchs Funkgerät “Eland!”.
Tom, der weiter vorne gefahren ist, hat dieses Tier überhaupt nicht gesehen… Ist einfach an seinem sehnsüchtig gewünschten und in all seinen Afrika Jahren noch nie gesehenen, Lieblingstier vorbei gefahren. Er ärgert sich maßlos, als wir ihm davon per Funk berichten und ihn zugegebenermaßen auch ein wenig damit aufziehen, dass Mister Adlerauge Himself, die größte Antilope der Welt, direkt neben dem Weg einfach übersehen hat. Doch auch Tom soll eine halbe Stunde später noch auf seine Kosten kommen. Allerdings ist er wieder nicht der Entdecker, denn Sunny und ich, die einen anderen Weg gewählt haben (was sich später noch als nicht so klug herausstellen sollte), durften Stolz den Spot berichten
Eine ganze Herde dieser Riesen-Antilopen. Mindestens 40 Tiere auf einem Haufen. Ein unglaublich schöner Anblick. So groß und doch so elegant. Fast wie unser Gisbert.
Sunny und ich kommen an eine weitere Kreuzung und entscheiden uns für den Uduhudu Drive. Die Sonne geht langsam unter und wir fahren in den Sonnenuntergang hinein. Und weiter… und weiter… und weiter… und stellen plötzlich fest, dass wir niemanden mehr im Funk hören. Wir versuchen jemanden zu erreichen, doch scheinbar hört auch uns niemand mehr. Auch sehr seltsam ist, dass seit circa einer halben Stunde keine Weggabelung oder Kreuzung mehr kam. Eine weitere halbe Stunde später ist es so dunkel, dass ich das Licht anmachen muss. Mitten in einem Park voller Elefanten, die künstliches Licht ganz und gar nicht mögen… blöde Sache… Langsam wird die Situation dezent unangenehm und noch immer ist niemand über Funk zu hören. Eine weitere halbe Stunde später ist es stockfinster, aber wir haben endlich eine Kreuzung gefunden. Blöd nur, dass uns sämtliche Namen der aufgeführten Drives und Roads absolut gar nichts sagen. Wir versuchen es einfach mit weiter geradeaus, doch als das Gestrüpp um uns immer dichter und der Weg immer weniger ausgefahren erscheint, drehen wir wieder um (was hier, anders als vorher zum Glück möglich ist) und fahren zur Kreuzung zurück. Wir entscheiden uns für links (also jetzt rechts) herum. Es ändert sich nichts. Ganz kurz hören wir einige Fetzen im Funk. Irgendwas mit Mond rechts und wo seid ihr… Dann bricht der Funk erneut ab. Das ganze beginnt unheimlich zu werden. 500 Quadratkilometer sind eben nicht gerade winzig (ungefähr die Fläche des Bodensees). Der Funk ist weiterhin totenstill, niemand kann uns hören.
Wir fahren weiter und treffen erneut auf eine Kreuzung. “Birds Height”. Ist dort vorhin nicht Gisbert abgebogen? Hm… Vielleicht ja… vielleicht auch nein… Egal, es ist das einzige was uns irgendwie bekannt vorkommt, alle anderen Wegbeschreibungen haben wir noch nie gehört. Also auf gut Glück rechts abgebogen. Zehn Minuten später hören wir die ersten Funkfetzen. Wir versuchen eine möglichst offene Stelle zu erreichen. Sunny klettert aufs Dach des Autos um besseren Empfang zu bekommen und leuchtet mit der Maclight in den Nachthimmel. Der Funk wird klarer. Es sind Tom und Maria, die losgefahren sind um uns zu suchen. Nur zehn Minuten später sehen wir in der ferne die Lichter von Fahrzeug Nummer 2. Puh, Erleichterung. Wir folgen Tom ins Lager Richtung Essen. Während der ganzen Aufregung haben wir ganz vergessen wie hungrig wir eigentlich sind und freuen uns nun doppelt auf unser Abendbrot. Tom verkündet per Funk, dass ihm die “Schnitzeljagd” mordsspaß gemacht hat und wir fortan nicht mehr Team 3, nur noch “Team-Schnitzel” gerufen werden. …damit kann ich leben. Hauptsache wir müssen nicht noch weiter nachts durch das Dickicht des Parks gondeln.
Wir waren tatsächlich auf dem richtigen Weg. Wenige hundert Meter nach der Abholung Toms erkennen wir die ersten Wegstücke von heute Nachmittag wieder. Die Fahrt zum Restaurant und den anderen dauert trotzdem noch knappe 20 Minuten.
Die Nachforschung unseres Weges auf der Karte des Parks ist ziemlich lustig. Unser Uduhudu-Drive, den wir nach der Herde der Elands eingeschlagen haben, ist nämlich quasi der “Komplett-um-den-Park-herum-Weg”. Deshalb kam so lange keine Kreuzung und deshalb war dieser Weg auch so wenig befahren. Es ist ein Weg für die Ranger, um die Außenbezirke besser erreichen zu können, kein Weg für Touristen. Während unserer gesamten Tour haben wir genau ein einziges Tier gesehen. In den Randbezirken scheint nicht sehr viel los zu sein (vielleicht und vermutlich auch zum Glück).
Zum vierten Mal der Reise erhalte ich (völlig zu Recht) den Titel des Deppen des Tages. Ganz egal, Hauptsache das bestellte Essen kommt bald…
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