Wir sind in Gothenburg. Ich finde, ohne wirklich zu suchen, durch Zufall einen großen, aber sehr gemütlichen Pub in der Stadt, der eine unglaubliche Auswahl an lokalen Craft-Bieren hat, John Scotts Pub. Ich bestelle mir ein rotes Ale, setze mich an einen Tisch in der Ecke und fange an mein gestern aufgenommenes Video zu bearbeiten. Nach einer halben Stunde komme ich mit dem Kellner ins Gespräch, der mir erzählt, dass der Pub noch zwei weitere Stockwerke besitzt und sogar über eine Sonnenterrasse auf dem Dach verfügt. Ich könne mein Getränk einfach mit nach oben nehmen. Dort sei nicht nur eine weitere Bar, an der man Nachschub bekommt, nein, auch das WLAN sei dort oben, nebst Strom, in exakt derselben Geschwindigkeit verfügbar. Jackpot!

 

Nach mehr als zwei Monaten auf dem Schiff, weis ich übrigens ziemlich gut, wie es sich anfühlen muss, als digitaler Nomade durch die Welt zu reisen. Auch wenn ich derzeit vermutlich viel schneller unterwegs bin als jeder „normale Nomade“, kann ich doch sehr gut nachvollziehen wie es ist, in jeder neuen Stadt nach einem Ort zu suchen der Internet hat. Internet das schnell genug ist um auch mal ein Video hochladen zu können. Am besten mit einer Steckdose in der Nähe eines Tisches. Ein Tisch auf dem wenn möglich noch ein guter Kaffe, oder ein leckeres Bier steht und, falls möglich, am besten dazu auch noch günstiges und vielleicht sogar leckeres Essen serviert wird. Meines Erachtens fehlt eine App, auf der man sich WLANs in der Umgebung nach deren Up- und Download-Geschwindigeit anzeigen lassen kann. Hmm, Marktlücke… Mist, jetzt hab ich meine Idee verraten. PSSST PROGRAMMIERER DIESER WELT, MACHT MAL HINNE!!!

Hier übrigens das Ergebnis des Uploads.

 

Nach dem Bürokram und einem weiteren Bier zusammen mit meinem Schauspielkollegen Emrah, gehe ich noch in den nördlichsten botanischen Garten der Welt. Der Garten befindet sich in einem großen Glashaus mitten im Park und ist für jeden frei zugänglich. Ich wandele zwischen grünen Palmen, blühenden Kakteen und mannsgroßen Wasserblättern hindurch und stelle ein mal mehr fest, was für einen großartigen Arbeitsplatz ich derzeit doch habe.

 

Im Shuttle-Bus zurück zum Hafen treffe ich Mischa, einen unserer ukrainischen Akrobaten. Er sieht meine Aerobie-Disk, eine schon vor Wochen in Stockholm gekaufte und bisher noch nie benutzte Frisbee und eine halbe Stunde später stehen wir 100 Meter vom Schiff entfernt auf einer Wiese und spielen mit eben jener Frisbee. Wer die Aerobies kennt weiss, richtig geworfen fliegen diese Dinger ohne Probleme über mehrere hundert Meter weit eine exakt gerade Strecke. Nun ist Mischa mit seinen 110 Kilogramm gefühlt reine Muskelmasse nicht gerade der schwächste Werfer und es kommt, wie es kommen muss. Die Frisbee landet nach einer grandios geworfenen leichten Kurve, im Meer. In Gothenburg. In Schweden. Im September.
Zum Glück scheint heute zumindest die Sonne. Keine fünf Minuten später schwimmen Mischa und ich, nur in Boxershorts bekleidet durchs trübe Wasser und tauchen auf dem moosigen Grund nach meiner Frisbee. Zum Glück a) habe ich gesehen wo die Frisbee in etwa ins Wasser gesegelt ist und zum Glück b) ist das Ding knallorange. Wir brauchen trotzdem knapp eine Viertelstunde um das Ding zu finden. Und je länger wir suchen, desto mehr von dem moosigen Sediment wirbeln wir auf und desto weniger sehen wir in dem trüben Wasser. Beim Rausgehen rutsche ich auf den glitschigen, groben Steinen aus und schlitze mir an einem besonders scharfkantigen Exemplar die Hand auf. Weder das nahe Wasser, noch die aufgeschlitzte Hand halten uns vom Weiterspielen ab und so können die Gäste mit einer Backbord-Kabine nun zwei Irren, nur in Boxershorts bekleideten Entertainern, beim Spielen mit einer blutigen Frisbee zugucken.
Am Ende landet die Aerobie dann noch auf einem drei Meter hoch eingezäunten Parkplatz. Aber auch dieses Hindernis ist mit Mischas kräftiger Hilfe beim Hochhalten des Maschendrahts und einer kleinen Mission-Impossible-Kriech-Aktion meinerseits, nicht unüberwindbar.

Abends reiße ich Karten im Theater und darf mir, als einer der wenigen Crewmitglieder an Bord, das komplette Konzert von Udo angucken. Seitdem ich mir das sehr empfehlenswerte, lustige Buch „Panikherz“ von Benjamin von Stuckrad Barre als Hörbuch angehört habe, finde ich Udo Lindenberg sehr sympathisch. Musikalisch ist es zwar nicht so meins, aber textlich trifft er manchmal einfach echt ins Schwarze und so genieße ich meine Arbeit an diesem Abend ein mal mehr und ertappe mich sogar dabei, bei „Ich mach mein Ding“, lauthals mitzusingen.

 

Nach dem Konzert läuft mir Benni (der Produzent der Udo-Tour aus dem letzten Post) noch über den Weg und wir verabreden uns nach der Show im Diamanten (die Bezahl-Bar im bekannten Glas-Diamanten am Heck des Schiffes). Für uns als Entertainer der beste Ort um außerhalb des Crew-Bereiches etwas trinken zu gehen, denn: Diese Bar ist immer etwas leerer als der Rest, da hier die Gäste bezahlen müssen. Selbst mit den überproportional viel trinkenden Menschen während der Rockliner Cruise, ist die Bar nur circa halb gefüllt und so finden wir direkt einen freien Tisch. Karolina, meine Schauspielkollegin setzt sich kurz darauf noch mit dazu und es wird ein sehr redseliger Abend, denn Benni und ich haben uns immerhin vier Jahre lang nicht gesehen und es ist bei uns beiden einiges passiert in dieser Zeit.

 

Aber natürlich braucht so ein perfekter Tag dann zum Ende hin noch einen deutlichen Dämpfer. Um viertel vor Zwei sagen wir Benni, dass wir nun bald los müssen, da es der Crew nicht gestattet ist, sich nach zwei Uhr noch im Passagierbereich aufzuhalten. Wir trinken aus, unterhalten uns noch ein bisschen und verquatschen uns natürlich dabei. Um drei Minuten nach Zwei, wir haben gerade bezahlt, biegt die Security-Patrouille um die Ecke, entdeckt uns, sieht, dass wir uns gerade umarmen und verabschieden und schreibt uns trotzdem sofort auf. Grandios! Safety first verstehe ich zwar, so ein kleinkariertes Verhalten aber, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Ganz im Ernst, es war ersichtlich, dass wir uns gerade verabschiedet haben, auf unserem Bon, auf dem sich übrigens nur exakt drei Getränke befinden, steht die Uhrzeit 2:03 Uhr und es ist deutlich, dass wir die Regeln an Bord verstanden haben. Trotzdem werden sofort unsere Bordkarten eingefordert und sowohl Karolina, als auch ich von der Security bei unserer Entertainment Managerin gemeldet.

Na Klasse. Mal sehen, was das für Folgen hat. Um Euch nicht mit diesem negativen Beispiel der militanten Security an Bord zu entlassen, gibt’s jetzt noch ein kleines Video von Udo und ich sage Ciao und bis zur nächsten Event-Cruise.

 

 
 

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Lasst mich Euch auf dieser Seite mit meinem Fernweh anstecken und zu Euren eigenen Abenteuern inspirieren.

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