Anfang September. Vor uns liegen zwei ganz besondere Cruises, für die die Vorbereitungen schon seit Wochen im Hintergrund laufen. Der „Rockliner“, eine vier Tages Tour mit drei großen und vielen kleineren Konzerten von Udo Lindenberg und „Schallwellen“, ein viertägiges Pop-Festival auf See, unter anderem mit Pur, Glasperlenspiel, Max Giesinger, der Frau die immer lacht (sorry, Namen vergessen) und noch einigen Anderen.

 

Da bei beiden Festivals unsere Bühnen jeweils komplett mit den Konzerten belegt sind, heisst das für uns: Acht Tage frei.
Na gut, nicht ganz, denn ein paar kleinere Aufgaben, wie Einlass im Theater, oder Check-In & Co haben wir natürlich schon.

Direkt nach unserem Einlaufen in Kiel startet das Wacken-Team, welches den Rockliner organisiert, das Einladen der Technik. Ein extra dafür bereitgestellter Kran hievt ab fünf Uhr morgens Container um Container mit Technik an Bord. Als ich gegen zehn Uhr das Schiff verlasse um meine Gitarre reparieren zu lassen (wir haben bei meiner letzten Soloshow an meinem Geburtstag festgestellt, dass der Tonabnehmer nicht mehr funktioniert und das lag leider nicht an losen Drähten, oder der Batterie), ist noch kein Ende des Einladens in Sicht. Wie viel Technik haben die denn bitte?!

Ich habe Termine mit zwei Gitarren-Doktoren, aber leider kommen beide zum gleichen Ergebnis: Die Platine des Tonabnehmers ist hin und muss getauscht werden. Dummerweise ist heute Freitag und vor Montag geht die Bestellung an Ibanez (einziger deutscher Reseller sitzt in Stuttgart) nicht mehr heraus. Das hiesse vier bis fünf Tage mehr, was wiederum heisst, dass das Ersatzteil erst einen Tag nach unserem nächsten Einlaufen in Kiel eintreffen würde. Das wäre natürlich kein Problem, wenn wir wieder nach Kiel zurückkommen würden, kommen wir aber nicht. Das Schallwellen Festival startet nämlich in Kiel, endet aber in Hamburg und von dort aus geht es danach Richtung Spanien. Dumm gelaufen. Dann muss ich eben auch weiterhin, wie an meinem Geburtstag schon geprobt, unplugged mit dem ACS spielen. AC-was? ACS heisst ausgeschrieben: Acoustic Control System (ein niederländisches Unternehmen) und ist ein, von dieser Firma extra für die Mein Schiff entwickeltes Soundsystem, welches mit Mikrofonen über der Bühne, einer besonderen Raumkonstruktion und einem extra dafür abgestimmtes Soundsystem, die Klangkulisse von verschiedenen Opernhäusern und Kammertheatern weltweit simulieren kann. Sprich: Ich sitze allein auf der Bühne, ohne (sichtbare) Mikrofone vor mir und trotzdem hören alle 200 Menschen im Klanghaus glasklar meine Stimme und die Gitarre. Schon schick.

 

Nachdem ich mit meiner leider nicht reparierten Gitarre wieder zurück an Bord bin, gehe ich aus Gewohnheit auf direktem Weg hinter die Bühne, um auf unserem Tagesplan zu schauen, was ich heute noch zu tun habe. Ich biege aus dem kleinen Treppenhaus in den Backstage ab und laufe an jemandem vorbei, der mir irgendwie bekannt vorkommt. Ich stutze, drehe um und laufe dem bekannten Gesicht hinterher, was sich just in diesem Moment, ebenfalls mit einem Stirnrunzeln zu mir umdreht und mich mit einem „Sören? Was zur Hölle machst du denn hier?!“ begrüßt. Nein, es ist leider nicht Herr Lindenberg persönlich, aber, wie ich kurze Zeit später erfahre, immerhin der Produktionsmanager des Rockliners und auch Udos aktueller Tour.

 

Woher ich den jungen Mann kenne? Benni war vor ziemlich genau vier Jahren auch Produktionsmanager für die Tour einer kleinen unbedeutenden Mittelalter-Schlager-Kapelle, bei der wir als Das Niveau damals die Support-Band sein durften. Korrekt, es geht um die „Sturm aufs Paradies“-Tour von Saltatio Mortis. Die Musikerwelt ist eben doch ein Dorf. Klar, dass wir uns für die kommenden Tage verabreden. So ein schöner Zufall muss natürlich in Ehren begossen werden.

Heute Abend allerdings ist erst einmal wieder eine Runde „Isle of Skye“ angesagt. Irgendwie bin ich in letzter Zeit nur noch sehr selten in der Crew-Bar und verbringe die Abende viel lieber damit Gesellschaftsspiele wie Isle of Skye, Munchkin, Doppelkopf, oder Codenames mit meinen Crew-Kameraden zu spielen. Innerhalb kürzester Zeit hat sich eine sehr feine Gruppe aus Teilen des Entertainments, der Gastgeber, der Biker, ein paar Exkursionsleitern und selbstverständlich dem Kids-Club als Cardboard-Game-Fans zusammengefunden und so verzocken wir nun lieber die Abende, statt uns zur immer gleichen Musik in der Crewbar zu treffen und zu trinken.

Mein Appell an die Welt: Mehr Spielen, weniger Trinken!

So bin ich auch am nächsten Tag in Aarhus (Schweden) früh auf den Beinen und habe einen klaren Kopf um mit meiner Gitarre das Schiff zu verlassen und mein nächstes YouTube Video aufzunehmen. Von dort stammen übrigens auch die Fotos in diesem Blog. Der erste Platz meiner Wahl stellt sich leider aufgrund des Windes und des lauten Hafens im Hintergrund als keine gute Wahl heraus und so ziehe ich mit meiner Gitarre in der Hand und dem Laptop im Rucksack weiter, auf der Suche nach einem geeigneten Ort. Fündig werde ich im sehr großzügig angelegten Park der Universität. Die Studenten scheinen um diese Uhrzeit alle noch zu schlafen und so habe ich auf der Wiese unterm Baum am künstlich angelegten See nun den perfekten Platz um den Song „Der verzauberte Wald“ aufzunehmen. Vielen Dank an dieser Stelle an alle Unterstützer auf Patreon, welche sich dieses Lied gewünscht haben, denn die Abstimmung war mit nur einer einzigen Stimme vor „Des Geyers schwarzer Haufen“ dieses Mal wirklich sehr knapp. Mal sehen, vielleicht nehme ich Letzteres ja dann einfach nächsten Monat auf.

 

 

Nach getaner Arbeit trinke ich mir noch einen frischen (unglaublich leckeren) Ingwer-Orangen-Tee in einer Bar, lade dort, dank WLAN, noch zwei Videos für meinen Let’s Play Kanal hoch und begebe mich dann mit einer kleinen Sightseeing-Tour zurück Richtung Schiff.
Herrlich im Urlaub! …ach… Moment… ich bin ja gar nicht…

 


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