Gefahrene Kilometer: 323 – Etosha Safari Lodge – Okonjima
Unser letzter vollständiger Tag in Afrika bricht an. Uaaa, was für ein Gefühl. Heute aber noch mal Afrika pur auf der AfriCat-Farm Okonjima. Den letzten Tag werden wir damit verbringen Leoparden und Geparden zu beobachten. Wir machen uns auf den Weg. Die letzten 200 Kilometer durch Namibia brechen an. Wir fahren vorbei an den Ausläufern des riesengroßen, 48 Kilometer langen Waterberges.
Auf diesem Berg haben 1904 die circa 3000 Mann starke deutsche Schutztruppe, den Aufstand der Herero niedergeschlagen. 3000 schwerst bewaffnete und bestens ausgerüstete Deutsche gegen 60.000 Herero mit Speeren, oder Pfeil und Bogen. Bei diesem Massaker haben nur circa 15.000 Herero überlebt. Die deutschen Truppen trieben die Ureinwohner dieses Landes zurück in die lebensfeindliche Omaheke Wüste und liessen jeden erschiessen, der sich der deutschen Stellung, auf der Suche nach Wasser wieder näherte.
Wir besuchen eine Lodge auf der Spitze des Berges. Die Fahrt dort hinauf ist schon ein Abenteuer für sich. Die Wege sind teils so steil, das man auf der Kuppe angelangt, über die Motorhaube hinweg keinen Boden mehr sieht. Trotzdem jagen wir unsere Toyotas gnadenlos den Berg hoch. Wenn jetzt, auf den letzten Metern noch einer schlapp machen sollte, sind wir nah genug an unserem Autovermieter.
Der Blick aus den einzelnen Hütten der Lodge (jedes Zimmer ist quasi eine eigene kleine Holzhütte am Hang, mit Kamin und Balkon), ist der absolute Wahnsinn. Steppe, soweit das Auge reicht. So stellt man sich Afrika vor (nur meistens nicht so grün, wie es gerade ist).
Von hier aus gehts ohne Umwege weiter nach Otjiwarongo, die Leoparden warten auf uns. Nach dem ersten großen Tor des Nationalparks und Leopardenreservats, sehen wir direkt die Warnschilder. Schon verrückt diese Verkehrszeichen mit Elefanten, Nashörnern, Leoparden und Warzenschweinen drauf.
Der Park ist wunderschön. Wieder sehen wir einige Abschnitte, in denen die gelbe Blume, unser „Afrikaraps“, blüht.
Nachdem wir unsere Fahrzeuge auf der Campsite abgestellt haben, machen wir uns erst einmal daran die Fahrzeuge von den Aufklebern zu entfernen. Da wir auf jedes Auto um die zehn Aufkleber geklebt haben, einer davon 1 Meter mal 1 Meter auf der Fahrzeughaube, dauert die ganze Prozedur dementsprechend lange. Bah, sehen die Jeeps jetzt wieder weiss und langweilig aus.
Kurz nachdem wir fertig sind und uns gerade mit einer Limo in den Schatten der Bäume verzogen haben, kommen Chris und Daniel, unsere Guides für den heutigen Tag, mit zwei 9-sitzigen Toyota Safari-Jeeps.
Das zweite und letzte Mal, begeben sich die Individualtouristen in die Luxustouri-Legebatterien.
Erster Anlaufpunkt ist ein kleines Steinhaus, mit vielen Infotafeln und Fotos über die AfriCat Organisation. Chris erzählt uns (in sehr gutem Englisch), dass AfriCat seit bestehen in 1961, schon über eintausend Leoparden gerettet hat und erklärt, wie die Rettungsaktionen meist vonstatten gehen.
Die Leoparden sind für Rinderzüchter und andere Zuchtviehhalter ein Alptraum, da sie oft Tiere reissen, man sie nur sehr schwer fangen kann. Die Tiere werden oft also von den Farmbesitzern getötet. Häufig sogar, bevor sie überhaupt etwas gerissen haben. Genau diese Situation möchte die AfriCat Organisation ändern, da die Tiere von der Ausrottung bedroht sind. Überall im Land macht AfriCat Werbung und Seminare, dass die Farmbesitzer, sollten sie einen wilden Leoparden sichten, die Organisation anrufen sollen. Diese rückt dann mit speziell ausgebildeten Rangern aus und fängt die Leoparden, meist innerhalb nur eines Tages, lebend ein.
Wir werden zum ersten Gehege gefahren. Auf dem Weg dorthin erzählt uns Chris von Wahoo, dem ersten Leoparden des Camps. Er wurde von seiner Mutter verstoßen und von Wayne, dem Begründer der Farm mit der Flasche großgezogen. Als Wayne für einige Monate krankheitsbedingt in ein Hospital musste, entwöhnte sich der Leopard so schnell von seinem Ziehvater, dass er ihn bei seiner Rückkehr sofort angreift. Wahoo ist Menschen gewöhnt und genau deshalb der gefährlichste Leopard im ganzen Camp, da er keine Scheu vor den Menschen besitzt und ohne zu zögern auch Menschen angreifen würde. Er wird in einem Extra Gehege gehalten, in dem es wiederum einen Extra-Bereich gibt, in dem Wahoo gefüttert wird. Bei dieser Fütterung sind wir nun live dabei. Das Fleisch wird auf dem Baum verteilt und keine drei Minuten später schleicht dieses wunderschöne Tier lautlos zu seinem Abendbrot. Wir schauen von einer Art Käfig aus zu, wie der Leopard sich in einer einzigen fliessenden Bewegung auf den Baum katapultiert. Die Eleganz mit der sich dieses Tier bewegt ist nicht zu beschreiben. Jede Bewegung, jeder Sprung, jeder Schritt wirken wie gemalt. Als wäre alles eine einzige große Bewegung.
Nach gut zehn Minuten ist Wahoo satt und hat genug davon beobachtet zu werden. Er verschwindet genau so schnell und lautlos wie er gekommen ist hinter einem der blickdichten Zäune.
Chris und Daniel geleiten uns zurück zu den Safari-Jeeps und bringen uns zum nächsten Gehege. Dieses Mal zu einem Gehege mit vier Geparden.
Die Tiere liegen, wie bestellt, alle beieinander mitten auf dem Weg im warmen Sand und räkeln sich. Sie sind die Safarifahrzeuge gewohnt und machen keinerlei Anstalten sich von uns aus der Ruhe bringen zu lassen. Geparden sind die schnellsten Lebewesen an Land. In vollem Lauf erreichen sie 90 bis 120 Stundenkilometer. Das Problem ist, dass sie bei dieser Geschwindigkeit extrem viel Energie verbrauchen und dieses Tempo nicht sonderlich lange durchhalten können. Ist die Jagd am Ende nicht erfolgreich, können die Tiere diese Energie nur noch ein bis maximal zwei Mal einsetzen. Schaffen sie es auch dann nicht ein Tier zu erlegen, verhungern die grazilen Katzen. Einer der Gründe warum Geparden in den letzten Jahren sehr selten geworden sind. Wusstet ihr eigentlich, dass anders als bei Leoparden, ein Gepard, würde man ihn rasieren, keinen einzigen Punkt mehr auf dem Körper besäße? Bei Geparden ist das Fell, bei Leoparden die Haut gepunktet.
Das letztes Gehege für heute führt uns zu zwei wilden Leoparden, von denen einer ein Funkhalsband trägt. Chris ortet den Leoparden mittels eines einfachen GPS-Empfängers und führt uns auf seine Fährte. Keine 15 Minuten später sichten wir die Raubkatze. Chris folgt dem Tier einen knappen Kilometer mit dem Allradjeep querfeldein. Auch wenn es schon ein bisschen geschummelt ist, ist es nichts desto weniger aufregend und toll diese unglaublich seltenen und scheuen Tiere in “freier Wildbahn” beobachte zu können. Freie Wildbahn ist tatsächlich nicht übertrieben, denn der Park erstreckt sich auf einer Fläche von insgesamt zwanzigtausend Hektar. Auf gut Glück und ohne GPS würde man in diesen riesigen Gehegen garantiert keine der wilden Katzen finden.
Die Leoparden werden von AfriCat, sobald sie genesen und gesund sind und sich als normal jagende Tiere erweisen (einige Leoparden sind aufgrund ihres jahrelangen Jagdreviers auf Rinder spezialisiert, diese Leoparden jagen keine anderen Wildtiere mehr), in andere Nationalparks ausgewildert und führen danach meist ein normales Wildleben.
Auf dem Rückweg zum Tor sehen wir noch eine Eland-Antilope und kurz danach ein Tamara-Tik-Tik. Als wollten uns die größte und die kleinste Antilope der Welt auch noch mal Lebewohl sagen.
Wir schliessen das letzte Tor dieser Reise und werden von Chris und Daniel zurück zu unserer Campsite gefahren. Wir haben nun 30 Minuten Zeit uns frisch zu machen, zu duschen und noch ein wenig auszuruhen, bevor wir erneut abgeholt und hinauf zur Lodge zum Abendessen gefahren werden.
Die Lodge ist offen gestaltet und wir fläzen uns in die gemütlichen Ledersessel und ruhen uns noch ein bisschen aus, bevor zum Essen gerufen wird. Ich laufe derweil eine Runde durch die Lodge und entdecke ein unglaublich toll gemaltes Bild.
Nicht nur, das der Leopard auf dem Bild aussieht wie fotografiert, es sieht auch aus, als wäre das Tier gerade in einer schnellen Bewegung. Ja, das ist wirklich so gemalt, nein ich bin nicht zu blöd um ein Bild scharf zu fotografieren.
Nach dem Abendessen gönnen wir uns noch den ein und anderen Drink auf der schönen begrünten Terrasse der Lodge, bevor uns Daniel und Chris zurück zur Campsite fahren.
Die letzte Nacht in den großen, gemütlichen Dachzelten steht uns bevor. Nur noch ein einziges Mal von den Geräuschen des nächtlichen Afrikas in den Schlaf gewiegt und von der Sonne wieder geweckt werden.
Wir werden ein wenig melancholisch und ich lege mich mit Sunny auf das Dach unseres Autos, auf unser nicht ausgeklapptes zweites Zelt.
Wir schauen ein letztes Mal in den außerirdisch schönen Sternenhimmel Afrikas und hängen unseren Gedanken an die Reise nach, bevor wir in unser Dachzelt verschwinden und ein letztes Mal in Afrika einschlafen.
Noch keine Kommentare