Gefahrene Kilometer: 88 – Camp Xaragu bis Palmwag
Am Morgen wird kurzfristig eine Routenänderung beschlossen. General Gisi befiehlt: Marschrichtung Westen, 40km, aufsitzen, marsch marsch!
Wir tun wie geheißen und stehen, 30km über staubige Straßen später, vor einer Schranke. Wer diese Schranke durchqueren will, so der Mann in Admiralsuniform, MUSS im dahinter liegenden Gebiet übernachten. „It’s a business place.“ …wo will uns der General da nur wieder hineinführen…?
Wir treffen auf andere Jeep-Reisende, die gerade aus dem Gebiet kommen und ein wenig darüber berichten können und schnell ist klar “wir ändern unseren Zielort.” Will heißen: Wir tricksen.
Wir werden in das Gebiet hinein gelassen und aufgrund von bösen, bösen Motorschäden, halb zerstörten Autos und zig kaputten Reifen müssen wir leider, leider 2 Stunden später doch wieder hinaus gelassen werden. Schade, wir hätten doch so gerne dort übernachtet…
Na, was war denn nun so aufregendes hinter dem Zaun, das man so einen Bohei darum macht? Ganz einfach: Unglaublich viel nichts und dahinter, 40min. entfernt, Unmengen an Wasser – der atlantische Ozean – der Strand. Fast eine Stunde lang fahren wir durch eine unwirkliche, erst an den Mars, später den Mond erinnernde Landschaft. Die Fata Morganas gaukeln uns die gesamte Zeit über vor, dass es nur noch wenige hundert Meter bis zur Küste sind. Man sieht die Wellen schon an Land brechen, nur 200m Meter entfernt und das über 20km lang immer und immer und immer wieder… Wahnsinn. So etwas hat noch niemand von uns jemals vorher gesehen.
Als rechts von uns die ersten Dünen auftauchen wird es noch einmal unwirklicher als vorher. Man kommt sich vor wie in einem Warner Brothers Film. Als könne man die Dünen zur Rechten nach unten klappen und die Sicht frei machen auf Kameras und Beleuchtung. Völlig unvermittelt taucht hinter der nächsten Kuppe der echte Strand und das dazu gehörige „Dorf“ auf. Kaum halten wir an, verfällt unser Geselligkeitsmanager Horis (genannt: Bruder Rectus) mit den nahe gelegenen Campern schon in ein vertrautes Gespräch und wird, dank seiner unglaublichen verbalen Kommunikationsgabe, von diesen, wie sich herausstellt Afrikanern die dort Fishing-Urlaub machen, zu einem echt deutschen Jägermeister eingeladen.
Rectus fällt mit dem eisgekühlten Shotglas in seiner Hand auf die Knie und betet auswendig den Text, den man auf dem Band der Jägermeister Pulle lesen kann herunter. Die Camper sind äußerst beeindruckt und berichten von ihrem gestrigen Fang, einem 150kg schweren Hai, direkt vorn in der strand-nahen Brandung. Bruder Rectus rennt wie von der Tarantel gestochen zum Strand, doch zu spät, die ersten Waghalsigen unserer Gruppe tummeln sich bereits im atlantisch kühlen Wasser. Direkt zwischen ihnen hindurch huschen plötzlich 2 dunkle Schatten. In Bruder Rectus Gehirn klingeln die Alarmglocken und spielen die Titelmusik des weissen Hais. Er reißt sich Superman-artig seine 2-3 Kleidungsstücke herunter, entblößt seinen von Kraft gestählten Adoniskörper *hust* und stürzt sich todesmutig, nur mit einem immer tiefer rutschenden Tigertanga bekleidet, in die reißenden Fluten, unsere Jungfrauen vor dem sicheren Tod zu retten. Just als Bruder Rectus’ Kopf allerdings in den Fluten des Atlantiks verschwindet, tauchen die Köpfe der beiden vermeintlichen Haie auf: Es handelt sich um Seelöwen. Nicht gänzlich ungefährlich, aber doch um einiges friedlicher als ihre 3-buchstabigen Meergenossen.
Alle kommen abgekühlt und heil wieder aus dem Wasser heraus. Das Leben wird mit einer kleinen Brotzeit und angenehm gekühlten Getränken (dank unserer Kühlboxen im Auto), sofort am Strand gefeiert und Gisbert baut mit Eimerchen und Schäufelchen bewaffnet eine kleine MPS-Sandburg. Der Highlander versucht mit Stöckchen und Steinen seinen Pechstand nachzubauen, scheitert aber kläglich und Brezel-Uwe bekommt Heimweh und formt mit flinken Fingern einige Brezel aus Sand. Kurzum, alle sind ausgelassen und gut drauf.
Wie schon erwähnt werden wir dank unserer “maroden” Karren sanktionsfrei aus der Hochsicherheitszone entlassen und unser Major führt uns in die wunderschöne Palmwag Lodge, einer Lodge bestehend aus reetgedeckten offenen Häusern und mit Palmen gesäumten Terrassen. Wir lassen es uns zuallererst im Pool gut gehen, bevor wir uns zum Abendessen begeben, doch dann passiert es doch noch. Unsere zwei Übermütigen, die am Tage von den wilden Haien verschont wurden, werden von fiesen, mittelfingerlangen Wüstenwespen heimtückisch angegriffen. Die Biester lassen sich ohne Vorwarnung aus den Bäumen herabfallen und stechen Sunny und Caro in Hals und Seite. Beide überkommt nach einem erschrockenen Aufschrei ein Taubheitsgefühl an der Stelle, wo die Insekten mit ihren giftigen Stacheln durch die Kleidung hindurch getroffen haben. Aua. Die knallroten Flatschen die diese Biester hinterlassen sind echt amtlich. Ich würde die Größe und Farbe so auf ein 8-10-faches eines Wespenstiches deuten. Unser Medic-Team packt routiniert mit einer Handbewegung an den Gürtel und desinfiziert und vereist sofort die Wunden. Die Stiche schwellen trotzdem an und das Taubheitsgefühl und der Schock bleiben noch einige Zeit in unseren Damen zurück, doch Schlimmeres konnte verhindert werden. Nach der Skorpion Attacke ein weiter Erfolg für unser grandioses Medic-Team.
Alle freuen sich auf das verdiente Abendessen und stürzen sich auf Cheeseburger, Wild- und Rindersteak und andere Köstlichkeiten.
Während ich diesen Bericht schreibe, spielt unsere ältere-Herren-Runde um Bruder Rectus, Tom und Gisbert Hiller noch eine Runde Poker. Doch lange hält nach so einem Tag niemand mehr durch und nach und nach verschwindet alles in den Dachzelten und es wird still.
…wenn man die wilde Natur Afrikas denn als “Still” bezeichnen kann….
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